Markt und Produkte – Priorisierung

Your most unhappy customers are your greatest source of learning – Bill Gates

Stell dir vor, in deinem Garten steht eine Tulpe, so teuer wie dein ganzes Haus! Im Jahre 1637 bezahlte man in den Niederlanden für bestimmte Tulpenzwiebeln 10.000 Gulden pro Stück, dem Gegenwert eines Hauses in bester Lage in Amsterdam. Das durchschnittliche Jahreseinkommen lag zu der Zeit bei etwa 150 Gulden. Die Tulpenkrise gilt als eine der ersten Spekulationsblasen, bei der Marktpreise erzielt wurden, die weit über dem eigentlichen Produktwert lagen.

Auch wenn es einen Product Owner natürlich freuen kann, wenn sein Produkt hohe Preise erzielt, ist es in der Regel sicherer, dafür nicht auf Spekulationsblasen angewiesen zu sein.  Es gibt auch heutzutage keine unfehlbare Methoden, um vorauszusagen, wie gut sich ein Produkt am Markt verkaufen wird. Was bleibt sind Tools, die dabei helfen, die Beziehung zwischen Produkt und Markt analytischer zu betrachten, als nur auf sein Bauchgefühl zu hören. In der folgenden Tabelle sieht man eine kleine Übersicht solcher Methoden mit Vor- und Nachteilen. Wie Business Value Poker funktioniert, haben wir schon in einem älteren Beitrag beschrieben. Weiter unten werde ich noch auf das Kano-Modell und die RICE-Formel eingehen.

Eine der bekanntesten Methoden hieraus ist das Kano-Modell. Es setzt die Kundenzufriedenheit ins Verhältnis zur Güte der Produkteigenschaften. Hierdurch werden drei Arten von Eigenschaften unterschieden:

Aus einer Tulpenzwiebel sollte eine Tulpe erblühen. Ein Auto sollte mit Steuerrad kommen. Dies nennt man Basismerkmal. Es erscheint einem selbstverständlich, wenn es aber nicht eintritt, ist die Enttäuschung groß.

Blüht eine Tulpe in Regenbogenfarben, könnte es sich um ein Begeisterungsmerkmal handeln. Diese Eigenschaft vermisst man gar nicht, wenn sie nicht da ist. Aber sie begeistert einen, weil etwas sehr besonderes diese Tulpe von der Konkurrenz abhebt. Bei einem Auto würde einen vielleicht eine Funktion begeistern, die völlig automatisch Brötchen holt.

Bei einem Leistungsmerkmal steigt die Kundenzufriedenheit je stärker dieses ausgeprägt ist. Je größer die Tulpe oder je schneller das Auto, umso glücklicher der niederländische (bei der Tulpe) bzw. deutsche Kunde (beim Auto). 

Das RICE-Modell kommt wiederum mit vier Eigenschaften, bzw. Faktoren daher:

  • Reach: Wieviele Leute/Events sind betroffen?
  • Impact: Impact für eine Person, z.B. 3 für massive, 2 für high, 1 für medium 0.5 für low
  • Confidence: Zuversicht bezüglich der Schätzungen … 0-100%
  • Effort: Personenmonate / Komplexität aus dem Schätzpoker

Mit folgender Formel kann dann die Priorität für ein Feature berechnen werden.

Aber Achtung, die Formel sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die einzelnen Werte stark interpretierbar sind. Auf jeden Fall sollte man darauf achten, dass die Bewertung der Features konsistent bleibt und keine Genauigkeit vortäuscht, wo es keine gibt. Es bietet sich an verschiedene Kategorien für die vier Bereiche festzulegen. Etwa die Confidence in 5 Abschnitte von 20% zu zerteilen. Lange über einzelne Prozentpunkte zu diskutieren, ist reine Zeitverschwendung.

Darstellbar ist das RICE-Modell in 4-dimensionalen Matrizen, z.B. mit Achsen für Effort und Impact, Radien gemäß der Reichweite/Reach und einer Farbkodierung für Confidence.

Bei der Auswahl eines Priorisierungsmodells muss man sich der unterschiedlichen Vor- und Nachteile bewusst sein. Die Übersicht in diesem Artikel soll dir dabei als Hilfestellung dienen. 

Über Anregungen und Feedback freue ich mich wie immer sehr.

Literatur

Donald G. Reinertsen 1997: Managing the Design Factory*: A Product Developers Tool Kit: Free Press

(*) Affiliate-Links.

Holger Tewis

Holger Tewis ist Agile Enterprise Coach
www.holgertewis.de

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