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Selbstorganisation – Prokrastination

Sich und seine Aufgaben optimal selbst zu organisieren ist die Basis um die eigene Produktivität zu erhöhen und selbstgesteckte Ziele zu erreichen. Neben diversen Techniken, um die Selbstorganisation zu verbessern, hilft es dir, die Eigenarten des menschlichen Gehirns besser zu verstehen, die uns manchmal mehr im Weg stehen als zu helfen.

Wer hat noch nie Dinge vor sich hergeschoben? Das Gespräch mit dem Chef, den Termin beim Arzt oder die anstehende Hausarbeit: Prokrastination oder “Aufschieberitis” hält uns davon ab, produktiver zu werden. Das Gehirn will uns jedoch nur vor Gefahren bewahren. Es merkt sich, dass die Herdplatte heiß ist, was praktisch ist, dann verbrennt man sich nur einmal die Finger. Es merkt sich jedoch auch deine Nervosität beim allerersten Kurzvortrag vor deinen Klassenkameraden.

Leider ist dein Gehirn sehr schlecht darin vorherzusagen, wie du dich bei weniger gefährlichen Tätigkeiten fühlen wirst. Es vergleicht mit der Vergangenheit und ignoriert die Möglichkeit, dass eine neue Aufgabe gar nicht vergleichbar ist oder du dich weiterentwickelt hast. Erwartet es etwas potentiell unangenehmes,  ergreift es Vermeidungsstrategien. Du kennst sicherlich die vielen “Argumente” deines Unterbewusstseins, Dinge zu verschieben: “Das andere ist gerade dringlicher”, “Ich bin zu müde”, “Es ist zu spät”, “Der Himmel ist zu blau” …

Je länger es eine Aufgabe hinauszögern kann, umso selbstbewusster wird dein Gehirn in seiner Haltung. Im Extremfall kann sich sogar eine regelrechte Phobie gegen eine Tätigkeit oder ein Thema entwickeln – Lässt man einmal den Zahnarzt ausfallen, fällt der nächste Besuch nur umso schwerer. Bis zu dem Punkt, an dem du tatsächlich Angst verspürst und das Surren des Bohrers in deinen Ohren klingt.

Der wichtigste Schritt der Prokrastination entgegen zu treten ist, sich selbst auf frischer Tat zu ertappen. Nur dann kannst du die Gegenwehr überwinden:

Ich  kann handeln, obwohl ich negative Gefühle mit dieser Aufgabe verbinde!

Untersuchungen haben ergeben, dass negative Emotionen aus der eingebildeten Erwartung an eine Aufgabe entstehen können. Beginnst du jedoch mit ihrer Durchführung, verfliegen paradoxerweise diese negativen Gefühle! Selbst Personen, die Mathematik hassen, empfinden nachweislich das Lösen von Aufgaben positiver, als den reinen Gedanken an den Umgang mit Formeln und Zahlen.

5 Sekunden und 2 Minuten

Es ist oft kontraproduktiv zu lange über das Starten einer Aufgabe nachzudenken.

Mel Robbins* rät, sich innerhalb von 5 Sekunden in Bewegung zu setzen. Ansonsten würgt dein Gehirn den Impuls etwas zu unternehmen ab und rationalisiert, warum es gerade besser ist, nicht ins Handeln zu kommen.

David Allen* empfiehlt, alles was in 2 Minuten erledigt werden kann, sofort zu machen, anstatt es irgendwo zu sammeln. Der Aufwand für die Verwaltung ist weit höher, als du für die Erledigung der Aufgabe brauchst.

Implementation Intentions

Ein nachgewiesen wirksames Mittel zur Überwindung der emotionalen Hürden, sind die sogenannten Implementation Intentions oder Wenn-Dann-Pläne. Zum Beispiel:

WENN ich eine Sache auf morgen verschieben will, DANN fange ich trotzdem gleich damit an.

Mit diesen Regeln programmierst du dein Unterbewusstsein quasi um. Es fällt dir leichter, dein Handeln zu verändern. Und führst du zusätzlich Buch (etwa ein Aufschiebe-Tagebuch) über deine Prokrastinationsgründe, kannst du direkt für jeden Eintrag eine Wenn-Dann-Regel festlegen. Bereits beim nächsten Versuch deines Unterbewusstseins dich auszutricksen, wirst du die Veränderung bemerken.

Eine weitere Möglichkeit ist das Verbinden einer unangenehmen Aufgaben mit einer angenehmen. Das neue Hörbuch nur während der Steuererklärung, Netflix nur auf dem Laufband und Schokolade beim Personalgespräch (natürlich für beide Seiten zugänglich).

Last but not least kannst du dir die wahren Gründe und die höheren Ziele einer Aufgabe bewusst machen um dich selbst zu motivieren. So hebelst du die fadenscheinige Argumentation deines Über-Ichs aus.

Links / Literatur

Allen, David 2015: Getting Things Done: The Art of Stress-Free Productivity*: Penguin Books

Robbins, Mel 2017: The 5 Second Rule: Transform your Life, Work, and Confidence with Everyday Courage* : Savio Republic

Hervorragende englische Seite zum Thema Prokrastination: https://www.njlifehacks.com/how-to-stop-procrastinating/

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Holger Tewis

Holger Tewis ist Agile Enterprise Coach
www.holgertewis.de

Selbstorganisation – Visualisierung

Sich und seine Aufgaben optimal selbst zu organisieren ist die Basis um die eigene Produktivität zu erhöhen und selbstgesteckte Ziele zu erreichen. Neben diversen Techniken um die Selbstorganisation zu verbessern, hilft es, die Eigenarten des menschlichen Gehirns besser zu verstehen, die uns manchmal mehr im Weg stehen als zu helfen.

Du hast sicherlich auch schon mal einen wichtigen Geburtstag vergessen. Völlig ohne böse Absichten. Er ist dir im Trubel des Alltags schlicht untergegangen. Du hast vergessen anzurufen, eine Karte zu schreiben oder ein Geschenk zu besorgen.

Unser Gehirn ist weder ein geordnetes Nachschlagewerk, noch ein übersichtlicher Kalender. Wir reagieren spontan auf Impulse in unserer Umgebung und nehmen unsere Umwelt extrem selektiv wahr. Selbst wichtige Ereignisse vergessen wir mitunter, wenn wir abgelenkt werden. Das ist (leider) ganz normal.

Und dann erinnerst du dich plötzlich – siedend heiß fällt es dir ein – manchmal zu spät. D.h. irgendwo abgespeichert war die Information doch. Allerdings erfolgt der Zugriff auf diese Erinnerung nicht zuverlässig in dem Moment, in dem du sie gebraucht hätte. Und dann gibt es noch diese Momente, in denen du dir sicher bist, irgendetwas Wichtiges vergessen zu habe. Wenn du nur deinen Finger darauf legen könntest …

Diese menschlichen Eigenarten ein Stück weit zu akzeptieren, wirkt sehr befreiend. Anstatt sich stressen zu lassen, empfehlen wir gehirngerechte Methoden und Werkzeuge zu benutzen. Hier folgen ein paar davon.

Die Brain Dump Übung

Du hast das Gefühl, dass dir zu viele Dinge im Kopf herumschwirren? Langsam beschleicht dich die Sorge die Übersicht über ein Projekt zu verlieren?

Dann nimm dir zwei Stunden Zeit, um dich mental zu entlasten. In dieser Zeit schreibst du alles zu dem Projekt nieder, was du für wichtig hältst. Alle Berichte und Protokolle die du erstellen musst, alle E-Mails die du schreiben oder beantworten musst, alles was Kunden, Chefs und Kollegen von dir erwarten, Termine, Beauftragungen, einfach alles. Reicht das für die mentale Entlastung nicht aus, weil es noch 4 weitere Projekte und obendrein private Themen gibt, schreib auch zu diesen alles nieder was dir in den Sinn kommt.

Da können schon mal 200-300 Punkte zusammenkommen. Jetzt betrachte die Liste und staune, was dir alles im Kopf herumschwirrte. Fehlt etwas? Dann ergänze es. Nimm dir Zeit deinen Kopf auf diese Art frei zu machen. Nun bist du wieder bereit dich wirklich zu Fokussieren. Und wann immer du das Gefühl hast, etwas Wichtiges vergessen zu haben, kannst du einfach auf die Liste gucken. Es steht mit Sicherheit schon drauf. 

Visualisierung

Ein Brain Dump ist ein erster Schritt zur Visualisierung deiner Aufgaben. Allerdings ist eine lange unsortierte Liste von unterschiedlich konkreten, dringenden und aufwändigen Dingen sehr unübersichtlich. Die schiere Menge der offen Aufgaben kann erschlagend wirken. Darum solltest du nun Ordnung in das Chaos bringen.

Überlege dir, mit welchem Medium du am liebsten arbeitest. Um flexibel Sachen umzusortieren, ist eine mit Kugelschreiber geschriebene Liste denkbar ungeeignet.

Willst du einen Computer nutzen, kannst du natürlich Word oder Excel verwenden. Besser geeignet sind jedoch Mindmap-Tools, wie FreeMind oder Coggle. Oder du nutzt ein Board, wie von Personal Kanban* empfohlen. Elektronische Varianten sind z.B. Trello oder MeisterTask.

Klebezettel sind eine ernstzunehmende Alternative zur Verwaltung von Aufgaben, was viele auf den ersten Blick nicht glauben wollen. Die haptische Interaktion, sprich Dinge anzufassen und physisch bewegen zu können, ist tief in uns Menschen verankert. Das macht den Umgang und die Bearbeitung einfach und schüttet auch noch körpereigene Glückshormone aus. Probieren lohnt sich!

Sortierung

Insbesondere bei großen Mengen von potentiellen Aufgaben ist es entscheidend, die Anzahl zu reduzieren. Mit der Eisenhower-Matrix sortierst du deine Punkte z.B. nach dringend und/oder wichtig ein. Dringend bedeutet akuter Handlungsbedarf. Wichtig sind Sachen, die langfristig einen Vorteil bringen, etwa strategisch auf ein Ziel hinführen. Nach Eisenhower sind wichtige Aufgaben eher selten dringend und umgekehrt. Im ersten Schritt solltest du vor allem die Sachen aussortieren, die weder dringend noch wichtig sind. Diese Aufgaben können entweder gleich in den Papierkorb, ins Archiv (z.B. Quittungen, wichtige Gesetzestexte) oder in eine Wiedervorlage zu einem späteren Zeitpunkt.

Es bleiben nur Aufgaben zurück, die momentan deine Aufmerksamkeit verdienen. Diese kannst du nun darauf abklopfen, ob sie actionable, also konkret umsetzbar sind. Was ist der nächste konkrete Schritt, den du aktiv durchführen kannst? Dauert dieser Schritt maximal 2-Minuten erledigst du ihn sofort (siehe 2-Minuten-Regel), ansonsten überführst du ihn in den ToDo-Bereich deiner Visualisierung.

Dieser ToDo-Bereich enthält die größeren Aufgaben, die du als nächstes angehen willst. Nutzt du z.B. ein Personal Kanban Board, kannst du mit drei Spalten starten: ToDo, In Arbeit und Fertig. Sobald du mit einer Aufgabe aus dem ToDo-Bereich anfängst, ziehst du sie auf „In Bearbeitung“ und nachdem du sie abgeschlossen hast in „Fertig“.

Ziele

Um deine Aufgaben richtig zu sortieren und ihre Wichtigkeit zu beurteilen, musst du dir vorher über deine kurz- und langfristigen Ziele im Klaren sein. Über diesen Bereich werden wir in einem anderen Beitrag berichten.

Links / Literatur

Allen, David 2015: Getting Things Done: The Art of Stress-Free Productivity*: Penguin Books

Benson, Jim 2013: Personal Kanban: Visualisierung und Planung von Aufgaben, Projekten und Terminen mit dem Kanban-Board*: dpunkt.verlag

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Holger Tewis

Holger Tewis ist Agile Enterprise Coach
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Selbstorganisation – Produktivität

Real Artists Ship – Steve Jobs

Sich und seine Aufgaben optimal zu organisieren ist die Basis, um die eigene Produktivität zu erhöhen und selbstgesteckte Ziele zu erreichen. Neben diversen Techniken zur Verbesserung der Selbstorganisation, ist es gut, die Eigenarten des menschlichen Gehirns, die uns manchmal mehr im Weg stehen,  besser zu verstehen.

Du kennst ihn sicherlich auch, den Mythos vom Multitasking. Der legendären Eigenschaft des Menschen, mehrere Aufgaben gleichzeitig bearbeiten zu können. Vor einiger Zeit musste Mann jedoch feststellen, dass nur Frauen über diese mächtige Fähigkeit verfügen. Mittlerweile wurde allerdings auch dies widerlegt. Studien haben ergeben, Multitasking ist ein Märchen. In Wahrheit wechselt unser Verstand ständig zwischen den Aufgaben hin und her, wenn wir versuchen mehrere Dinge parallel zu erledigen. Wir lösen unsere Aufmerksamkeit dabei immer wieder von einem Thema und fokussieren auf ein anderes. Hin und her, hin und her und jedes Mal entstehen Reibungsverluste, Rüstkosten, um sich umzustellen. Einzeln winzig klein, stapeln sich diese schnell zu einem gewaltigen Berg.

Das elementare „Geheimnis“ produktiven Arbeitens ist demnach, sich auf jeweils eine Sache zu konzentrieren, statt mehrere Dinge gleichzeitig zu erledigen:

Stop starting, start finishing.

Dabei musst du insbesondere darauf achten, Störungen und Unterbrechungen zu vermeiden. Schalte dein Handy in den Flugmodus, schließe dein E-Mail-Programm und ziehe dich an einen Ort zurück, an dem du ungestört bist. 

Zeit-Management

Um möglichst lange konzentriert zu bleiben, empfiehlt sich die Pomodoro-Technik auszuprobieren. Die funktioniert ganz einfach: Stell deinen Küchenwecker, Sanduhr oder Alexa-Timer auf 25 Minuten ein. (Die Bezeichnung Pomodoro bedeutet italienisch Tomate und kommt von den roten tomatenförmigen Aufziehweckern, die du in vielen Küchen weltweit finden kannst.) Auf jeweils 25 Minuten fokussiertes Arbeiten folgen 5 Minuten Pause. Wiederhole den Vorgang bis zu 4 Mal und mach dann eine längere Pause von 15-30 Minuten.

Du kannst auch versuchen nachzuverfolgen, wieviel Zeit du womit verbringst, um Zeitfresser zu identifizieren. Arbeitest du am Computer, helfen dir Werkzeuge wie RescueTime oder TimeDoctor, die dir genau aufschlüsseln wieviel Zeit du mit Surfen, E-Mail oder in Excel verbracht hast.

Neigst du zur Perfektion und bekommst deswegen Themen nicht schnell genug abgearbeitet, versuche deine eigene Erwartungshaltung stärker zurück zu stellen. Du machst die meisten Aufgaben nicht nur für dich alleine. Perfektion ist der Feind des Guten und gut genug ist der neue Maßstab. Außerdem ist Sachen fertig zu stellen auch ein Zeichen der Qualität deiner Arbeitsweise.

Denk daran deine hoch priorisierten ToDos abzuarbeiten. Auch wenn sie unangenehm erscheinen. Sonst fällst du in eine milde Form des Prokrastinierens zurück. Schon Mark Twain hat empfohlen morgens immer mit den besonders unangenehmen Aufgaben in den Tag zu starten. Hast du die sauren Äpfel hinter dir, kannst du den Rest des Tages süßere Dinge genießen.

Wer mag kann seine Abarbeitung auch spielerisch gestalten – Stichwort Gamification: Wie viele Aufgaben kannst du in 25 Minuten erledigen/wie viele “saure Äpfel” kannst du nacheinander verarbeiten?

Große Themen und Projekte

Bei besonders großen Themen solltest du stets überlegen, was der nächste umsetzbare Schritt ist. Brich solche Projekte also in kleine Teile herunter, aber übertreibe es nicht. Wenn du die nächsten Schritte im Detail kennst, genügt es in der Regel spätere Schritte grobkörnig zu lassen. Pass den Detailgrad so an, dass du nicht die Übersicht verlierst. 

Zudem solltest du dich auf die wichtigen Projekt-Teile fokussieren. 80% des Ergebnisses werden durch 20% der Aufgaben erreicht. In der Regel lohnt sich der Zeitaufwand um 100% der Ziele zu erreichen gar nicht. Man baut meistens nur goldene Wasserhähne, anstatt sich neuen wertvolleren Themen zu widmen.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, Themen delegieren zu können. Du musst nicht alles selber machen. Denk darüber nach, wer einen Punkt für dich erledigen kann und was deine Erwartungen an das Ergebnis sind.

Links / Literatur

Allen, David 2015: Getting Things Done: The Art of Stress-Free Productivity*: Penguin Books

Benson, Jim 2013: Personal Kanban: Visualisierung und Planung von Aufgaben, Projekten und Terminen mit dem Kanban-Board*: dpunkt.verlag

Bowman, Sharon L. 2008: Training from the Back of the Room*: Pfeiffer

Gollwitzer, P. M. (1990). Action phases and mind-sets. In E. T. Higgins & R. M. Sorrentino (Eds.), Handbook of Motivation and Cognition*: Guilford Press

Hardy, Darren 2012: The Compound Effect.* Jumpstart your income, your life, your success: Vanguard Press

Tracy, Brian 2017: Eat That Frog!: 21 Great Ways to Stop Procrastinating and Get More Done in Less Time* : Berrett-Koehler Publishers

Ferriss, Timothy 2015: Die 4-Stunden-Woche: Mehr Zeit, mehr Geld, mehr Leben*: Ullstein

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Holger Tewis

Holger Tewis ist Agile Enterprise Coach
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Noch besser als OKR: Das Problem lösen!

Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen – Helmut Schmidt

In den vorhergehenden Artikeln haben wir über persönliche Ziele, sowie organisatorische Ziele gesprochen,  MbO mit OKR verglichen und ganz am Anfang Nordsterne vorgestellt. Neben Ziel und Objective wird oft auch von Mission, Vision oder gar Mantra (Guy Kawasaki) gesprochen. Zum Teil werden diese Begriffe aber auch synonym verwendet. Toyota z.B. nennt seine Nordsterne intern einfach Vision. Die Methoden definieren denselben Begriff oft leicht anders und in der Praxis geht schließlich alles drunter und drüber. Kann ein Team seine Key Results im Daily Scrum im Burndown-Chart visualisieren? Wie passen Target Conditions zu Sprintzielen?

Ich empfehle deswegen von den tatsächlichen Herausforderungen her zu denken: Was ist eigentlich unser Problem?

Schon bei der Ursachenforschung kann man sich darüber Gedanken machen, wie Ziele das Problem beeinflussen. Ist das Problem dann eingekreist, kann man überlegen welche Eigenschaften von Zielen einem für die Lösung helfen. Ich habe dafür die verschiedenen Systeme zur Zielsetzung nach vier Kriterien zerlegt:

  • Erreichbarkeit: Ist das Ziel erreichbar und wenn ja wie einfach?
  • Messbarkeit: Ist der Fortschritt zum Ziel quantifizierbar?
  • Zeitraum: Bis wann ist die Zielerreichung relevant
  • Organisationseinheit: Für wen gilt das Ziel?

Die folgende Tabelle zeigt die verschiedenen Varianten:

Hier ein paar Beispiele aus der Praxis, wie die Tabelle anzuwenden ist:

  • “Das sind Low Performer, die müssen mal Gas geben!”: Woran wird die Leistung festgemacht? Gibt es messbare Ziele? Sind diese motivierend und herausfordernd genug? Passen individuelle Ziele zu Teamzielen?
  • “Die Silo-Abteilungen arbeiten alle gegeneinander!” Gibt es ein übergreifendes Ziel? Sind die Abteilungsziele aufeinander abgestimmt? Erreichen die Abteilungen ihre Ziele? Ist die Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen ein Ziel?
  • “Die Abteilung macht Verlust, obwohl alle ihre Ziele erreicht haben.” War es Abteilungsziel keinen Verlust zu machen? Passen die Teamziele zum Abteilungsziel? Sind die Ziele herausfordernd genug?
  • “Das Team ist total chaotisch und erreicht nie das Sprintziel.” Ist das Sprintziel wirklich erreichbar oder möglicherweise zu herausfordernd? Bricht das Team das Sprintziel in kleinere Einheiten herunter? Wie misst das Team seinen Fortschritt? Setzen sich die Teammitglieder persönliche Ziele? 

Haben Organisationen früher MbO wie die Sau durchs Dorf getrieben, geschieht dasselbe heutzutage mit OKR. Ausschlaggebend für die Implementierung eines Zielsystems sollte aber das Problem sein, das man lösen will. Die Tabelle zeigt recht eindeutig, dass man oft mehrere Optionen hat. Oder man baut sich passend zum Problem sein eigenes maßgeschneidertes System. Am Ende kommt es vor allem auf eine konsequente und nachhaltige Implementierung an.

Über Feedback freue ich mich wie immer!

Literatur

Andrew S. Grove 1983: High Output Management*: Vintage
John Doerr 2018: Measure What Matters*: Portfolio Penguin
Peter Drucker 2010: The Practice of Management*: Harper Business
Mike Rother 2009: Toyota Kata*: Managing People for Improvement, Adaptiveness and Superior Results: McGraw-Hill Education

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Holger Tewis

Holger Tewis ist Agile Enterprise Coach
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250% höhere Performance mit OKR

Ideen sind leicht, Umsetzung ist hart – Guy Kawasaki

Wie so oft im Leben, braucht es eine saubere Umsetzung, um eine gewünschte Wirkung zu erzielen. Wie setzt man Objectives and Key Results aber nun in der Praxis so um, dass sie ihr volles Potential entfalten können? Bei der Einführung von Management by Objectives haben sich viele Organisationen, durch zentrale Planung und Verknüpfung von Zielen mit Gehalt und diversen Boni, von den ursprünglich bei Drucker genannten Werten meilenweit entfernt. Diese Umsetzungspraxis hat auch dazu geführt, dass OKR heutzutage vielerorts als Gegensatz zu MbO angesehen wird: 

MBOs OKRs
“Was”“Was” und “Wie”
JährlichJe nach Kontext 4-12 Wochen
Geheim und abgeschottetÖffentlich und transparent
Top-downBottom-up oder seitwärts
Mit Gehalt/Bonus verbundenGrößtenteils getrennt von Gehalt/Bonus
RisikoscheuAngriffslustig und anspruchsvoll

Diese Gegenüberstellung findet man bei John Doerr. OKRs hat er durch Andy Grove bei Intel kennengelernt. Seine nachfolgende Einführung bei Google und anderen Organisationen beschreibt er ausführlich und anschaulich in seinem Buch Measure what Matters (s.u.).

OKR nach Doerr

Objectives und Key Results sieht Doerr als das Yin und Yang des Setzens von Zielen.

Objectives beschreiben signifikant, konkret, handlungsanweisend und inspirierend was erreicht werden soll. Doerr bezeichnet sie als Impfstoff gegen unscharfes Denken.

Key Results messen und überprüfen wiederum wie die Objectives erreicht werden. Sie sind spezifisch, realistisch und gleichzeitig herausfordernd. Insbesondere sind sie jedoch messbar, haben also einen zu erreichenden Endwert, der an einem Zieltermin verifizierbar ist, etwa in Form von Gewinn, Wachstum, Aktiven Nutzern, Qualität, Sicherheit, Marktanteil oder Kundenbindung. 

Doerr empfiehlt: Key Results in Paaren definieren, um negativen Auswirkungen entgegenzuwirken. Bezieht sich ein Key Result auf eine Erhöhung der Quantität, sollte ein zweites Key Result die Qualität in den Fokus nehmen.

Zudem rät er zu einem Mix aus Output- und Input-bezogener KRs. Zum Beispiel die Durchführung von 10 Tests (Input) bei einer reduzierten Fehlerrate von 5% (Output).

Sobald man alle seine Key Results erfüllt hat, ist das dazugehörige Objective ebenfalls erreicht. Ansonsten war es von Anfang an unpräzise formuliert.

Eine strikte schrittweise Top-Down Kaskadierung von OKR ist langsam, unflexibel und zu eindimensional. Stattdessen sollten die obersten Ziele transparent kommuniziert werden und als Grundlage dienen, auf der die Mitarbeiter Bottom-up ihre Ziele selber definieren.

OKRs sollten so ambitioniert definiert werden, dass schon die Erreichung von 70% eines Key Results ein Erfolg ist. Das Setzen von solchen Stretch Goals soll einen ganz bewusst aus der Komfortzone schubsen. In Studien (Locke/Latham s.u.) hat die Performance von Personen mit den schwierigsten Zielen bis zu 250% höher gelegen, als die von Personen mit den leichtesten Zielen. Während der Umsetzung wird darüber hinaus regelmäßig bewertet, wie sicher die Zielerreichung gerade noch ist und mit der sogenannte Konfidenz festgehalten. Je nach Fortschritt bzw. Erreichungsgrad werden den Key Results dabei Ampelfarben zugeordnet. 

  • 0,7 to 1,0 = grün. (Das Ziel wurde erreicht)
  • 0,4 to 0,6 = gelb. (Fortschritt wurde erzielt, jedoch ungenügend.)
  • 0,0 to 0,3 = rot. (Es wurde kein echter Fortschritt erreicht.)

Hier ein Beispiel:

Key ResultKommentarKonfidenz
500 Produkte verkauft bis Mai470 Produkte verkauft0,9
Steve als CEO eingestelltSteve leider bei der Konkurrenz0,0
5 Tests erstellt3 von 5 fertig0,6

OKRs sind kein Wunschzettel oder eine tägliche Todo-Liste, sondern Ziele, die besondere Aufmerksamkeit bedürfen, weil sich eine starke Hebelwirkung hinter ihnen verbirgt. Die vernünftige Definition von OKRs ist eine Investition, die Zeit und Mühe braucht. Gleichzeitig sollte sie nicht an zu viel Perfektionismus scheitern – sie sind keineswegs in Stein gemeißelt und können angepasst oder verworfen werden. Wenn sie aus aktueller Betrachtung sinnlos geworden sind, folgt die Überlegung zu Lessons Learned und den daraus resultierenden Anpassungen am eigenen Vorgehen.

Eine Organisation benötigt meist ein Jahr oder auch länger, bis sie den Umgang mit OKR beherrscht. Wenn sie etabliert sind, können sie dann aber genutzt werden, um die gesamte Unternehmung schnell um Hindernisse herum und durch schwierige Passagen hindurch zu manövrieren –  wie meistert ihr Unternehmen die Corona-Pandemie?

Im nächsten Beitrag zum Thema organisatorischer Erfolg geht es dann um Nordsterne und ob sie eher als Alternative oder Ergänzung zu OKR, MbO und Co zu sehen sind.

Literatur

Andrew S. Grove 1983: High Output Management*: Vintage
John Doerr 2018: Measure What Matters*: Portfolio Penguin
Edwin Locke/Gary Latham 2017: New Developments in Goal Setting and Task Performance*: Routledge

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Holger Tewis ist Agile Enterprise Coach
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Mit Key Results zum Unternehmenserfolg

Effektive Zielsetzung startet mit diszipliniertem Nachdenken an der Spitze, mit Führungskräften, die Zeit und Energie investieren zu entscheiden, was wirklich zählt – John Doerr

Objectives and Key Results, oder kurz OKR, wurden durch die Verwendung bei Google bekannt. Erfunden hat sie jedoch Andrew S. Grove, ein Manager bei Intel.
Nachdem wir im letzten Beitrag einen Blick auf MbOs geworfen haben, hier die Fortsetzung zum Thema organisatorische Ziele.

OKR – Objectives and Key Results

Grove beschreibt in seinem Buch High Output Management (s.u.), wie aus seiner Sicht die richtige Implementierung von MbO (Management by Objectives) aussehen sollte. Der Planungsprozess einer Organisation besteht dabei aus drei Schritten:

  1. Bedarf: Was ist im aktuellen Kontext der Organisation (Markt, Konkurrenz etc.)  nötig?
  2. Status Quo: Wo steht die Organisation mit ihren Produkten und Services im Moment?
  3. Lücke Schließen: Was muss und kann getan werden um die Lücke zwischen Bedarf und Status Quo zu schließen?

Zielorientiertes Management konzentriert sich nach Grove auf Schritt zwei und drei und macht diese konkret. Um erfolgreich zu sein müssen dabei nur zwei Fragen beantwortet werden:

  1. Ziel: Wohin wollen wir? (Objective)
  2. Schlüsselergebnisse: Wie erkennen wir, ob wir dem Ziel näher kommen? (Key Results)

Zum Festlegen der OKR von Mitarbeitern macht die Führungskraft ihre eigenen Objectives transparent. Mitarbeiter und Führungskraft einigen sich dann in freier, offener Diskussion, mit welchen eigenen Objectives der Mitarbeiter diese Ziele unterstützen kann (Delegation Level 4). So entsteht aus den Objectives von Führungskräften und Mitarbeitern eine verschachtelte, voneinander abhängige Hierarchie: Werden die Ziele der Mitarbeiter erfüllt, so werden automatisch die Ziele der Führungskraft erfüllt.

Key Results definiert ein Mitarbeiter hingegen selbst, sobald seine Ziele feststehen. Er überlegt wie er sein Vorwärtskommen messen kann und will und formuliert die Key Results so eindeutig, dass es keine Zweifel gibt, wann sie erfüllt sind. So werden sie zu einem Instrument für den Mitarbeiter, um seine eigene Leistung zu messen. Dazu müssen Key Results so terminiert sein, dass sie zeitnah Feedback geben, ob das eigene Handeln die richtige Wirkung zeigt (z.B. quartalsweise oder gar monatlich, etwa bei einer jährlichen Planung).

key results

Es ist möglich seine Objectives zu verfehlen, obwohl man alle Key Results erfüllt hat. OKR sind kein Vertragswerk auf dessen Erreichen ein Performance-Review des Mitarbeiters passieren sollte, sondern maximal ein Feedback, wie erfolgreich der Mitarbeiter war.

Wenn man Drucker und Grove direkt vergleicht, stimmen ihre Sichtweisen auf Zielorientiertes Management größtenteils überein. Grove bezieht sich ja sogar direkt auf Management by Objectives. Nur beim Festlegen der Messgrößen gibt es Unterschiede. Bei Drucker werden die  Messgrößen tendenziell von Außen geliefert, bei Grove definiert sie jeder Mitarbeiter selbst. Von Grove gibt es allerdings wenig Veröffentlichungen zum Thema, so dass ein großer Interpretationsspielraum seiner Definition von OKR bleibt.

Deswegen kommt im nächsten Beitrag einen Schüler von Grove zu Wort, der OKR bei Google eingeführt hat. John Doerr beschreibt in seinem Buch Measure what Matters (s.u.) sehr ausführlich, wie Unternehmen OKR in der Praxis anwenden sollen.

Zum Weiterlesen einfach hier klicken: OKR in der Praxis

Literatur

Andrew S. Grove 1983: High Output Management*: Vintage

John Doerr 2018: Measure What Matters*: Portfolio Penguin

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Erfolg in Organisationen durch Zielorientiertes Management

Unsere Fehlschläge sind oft erfolgreicher als unsere Erfolge – Henry Ford.

Wie kann man eine Organisation erfolgreich machen? Durch das Definieren, Kommunizieren, Umsetzen und Messen von Zielen. Genau darum geht es in diesem Beitrag.

Im Vergleich zu persönlichen Zielen liegt die besondere Herausforderung in Organisationen darin, dass es mehrere handelnde Akteure gibt, u.a. sogenannte Manager, die nicht unbedingt alle in die gleiche Richtung wollen. Daher haben sich hier auch andere Methoden für den Umgang mit Zielen entwickelt. Unter Anderem:

  • Zielorientiertes Management: Management by Objectives (MbO)
  • Ziele und Schlüsselergebnisse: Objectives and Key Results (OKR)
  • Nordstern-Konzept: True North

MbO – Management by Objectives

Drei starke Kräfte führen Management ganz natürlich in die Irre:

  1. Die spezialisierte Arbeit der meisten Manager
  2. Die hierarchische Struktur von Management
  3. Die Unterschiede in Vision und Arbeit und der resultierenden Isolation verschiedener Managementebenen

So beschreibt es jedenfalls der bekannte Management-Vordenker Peter Drucker in seinem Buch The Practice of Management (s.u.).

Drucker sagt, dass viele Manager als funktionale Manager starten und sich darauf fokussieren, ihren Bereich zum besten im ganzen Land zu machen. Das führt aber zu lokaler Optimierung, die oft schädlich für die Gesamtorganisation wird, also der globalen Optimierung im Wege steht.

ziele

Solche Manager messen ihre Performance nicht daran, wieviel sie zum Erfolg des Unternehmens beitragen, sondern an der Kunstfertigkeit und Professionalität der Ausführung ihrer Arbeit. Über die Zeit zerfallen Unternehmen dadurch in eine lose Ansammlung funktionaler Königreiche, die nur noch in Sorge um ihren Fachbereich leben. Eifersüchtig bewachen sie ihre Geheimnisse und ihr Augenmerk liegt mehr auf der eigenen Machtausdehnung als auf dem Ausbau des Gesamt-Geschäfts.

Die hierarchische Struktur birgt die Gefahr, dass beiläufige Kommentare und Angewohnheiten von Managern auf die Goldwaage gelegt werden. Um dies zu vermeiden, muss der Fokus darauf ausgerichtet werden was der Job verlangt, anstatt alleinig darauf, was der Chef verlangt.

Lokale Optimierung kann auch durch isolierte Managementebenen entstehen: Jede Ebene versucht in der Regel innerhalb ihrer vorgegebenen Rahmenbedingungen von Budget und Kompetenzen zu agieren. Kommunikation, ob eine ebenenübergreifende Lösung für die Organisation günstiger wäre, findet selten statt. Drucker illustriert dies anhand eines Bahnunternehmens, in dem hohe Kosten für den Aufbruch von Toilettentüren entstanden, weil die Nutzer den Schlüssel nicht zurück brachten. Auf oberer Ebene war beschlossen worden, dass ein Schlüssel pro Toilette reiche. Auf unterer Ebene gab es die Befugnis im Notfall Maßnahmen zu ergreifen, worunter der Aufbruch einer Toilette fiel, nicht aber die Beschaffung eines neuen Schlüssels.

Management by Objectives (MbO) soll diesen drei Kräften entgegenwirken, ohne dass eine Lücke, Reibung oder doppelte Arbeit entsteht. Erst wenn alle Mitarbeiter zum gemeinsamen Ziel der Organisation beitragen und jeder Manager auf den Erfolg des Ganzen Unternehmens ausgerichtet ist, wird die Organisation wirklich performant.

Die Objectives werden vom Ziel der Organisation abgeleitet, über die ganze Hierarchie klar formuliert und betonen von Anfang an Teamarbeit und gemeinsame Ergebnisse:

  • Welche Performance wird von der Abteilung eines Managers erwartet?
  • Mit welchen Beiträgen unterstützen er und seine Abteilung die Ziele anderer Abteilungen?
  • Welche Beiträge liefern andere Bereiche zur Abteilung des Managers?

Jeder Manager sollte die Objectives seiner Abteilung zusammen mit seinen Führungskräften entwickeln und  die Ausarbeitung der Ziele auf der höheren Organisationseinheit aktiv mitgestalten. Es reicht  nicht aus, unteren Managern nur das Gefühl zu vermitteln, eingebunden zu sein. Sie müssen die höheren Ziele mitgestalten und mittragen (meeting of minds).

MbO ermöglicht es Managern, ihre eigene Performance zu bewerten. Dadurch werden sie in die Lage versetzt, sich selbst-kontrolliert zu steuern, anstatt von höherer Stelle ständig kontrolliert und dominiert zu werden.

Nach Peter Drucker sollten Manager zu ihren Zielen mit klaren Messgrößen (Measurements) versorgt werden, anhand derer sie ihre Aufmerksamkeit und Anstrengung lenken können. Diese müssten nicht strikt quantitativ oder exakt, aber unmissverständlich klar sein und keine komplizierte Interpretation verlangen.

Im nächsten Teil schauen wir uns das Thema Objective and Key Results oder kurz OKR an.

Literatur:

Peter Drucker 2010: The Practice of Management*: Harper Business

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Ziele erreichen – mit Erfolgsjournalen

Der Langsamste, der sein Ziel nur nicht aus den Augen verliert, geht immer noch geschwinder als der, der ohne Ziel herumirrt – Gotthold Ephraim Lessing

Persönliche Ziele zu erreichen ist schwer. Viele Leute führen deshalb ein Erfolgsjournal um darin besser zu werden. So ein Journal ist eine Art Tagebuch das durch Coaching-Tipps angereichert ist. Es gibt mittlerweile eine ganze Reihe von diesen Büchern mit leicht unterschiedlichen Schwerpunkten, von denen ich einige am Ende aufliste.

Die Bücher beginnen mit einem bis zu 70-Seitigen Coaching-Teil, in dem man in der Regel aufgefordert wird, seinen Status Quo zu bestimmen und sich Ziele für die Zukunft zu setzen. Das wird mal mehr mal weniger starr vorgegeben und mal mehr und mal weniger wissenschaftlich begründet.

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Das eher generische Lebensrad aus dem Dranbleiben Journal (Link siehe unten)

Der Einleitung mit dem Coaching-Abschnitt folgt der eigentliche Praxis-Teil, ein Kalender mit Tagebuch-Eigenschaften, der möglichst täglich gepflegt werden soll, um den Fokus auf die Zielerreichung immer wieder aufzufrischen. Zudem gibt es im Kalender-Teil meist noch inspirierende Zitate oder Fragen, welche die Reflexion unterstützen, wann man abgelenkt wurde und wo man guten Fortschritt gemacht hat.

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Eine Beispiel-Woche aus dem Klarheit Journal (Link siehe unten)


21/90 Erfolgsjournal* – 90 Tage Master-Plan mit 3-Wochen-Sprints; Fokus auf messbarer Zielerreichung, Verbindung mit Unternehmens-OKRs möglich

 


6-Minuten-Tagebuch* – Tagebuch mit 3 min Morgenroutine und 3 min Abendroutine, 70-seitige Coaching-Einleitung.

 


Dran Bleiben* –  Fokus auf genau ein Ziel. 45 Seiten Coaching Einleitung. Kalender deckt 90 Tage ab, keine Wochen- oder Monatsübersicht.

Ein guter Plan* – Coaching-Teil mit Fokus auf Achtsamkeit – Wochenpläne und Monatsreflexion

 

klarheit
Klarheit* – Kalenderteil für ein ganzes Jahr (in Wochen strukturiert) – 25 Seiten Coaching-Teil

 


The New You* – Coaching-Teil mit Fokus auf glücklichem Leben – Kalenderteil für das ganze Jahr

Über die Links kann man einige Seiten der Bücher durchblättern, um sich einen Überblick zu verschaffen, welches zu einem passt. Ich selbst benutze zur Zeit das Klarheit-Journal.  Ich freue mich über Kommentare und Ergänzungen, vor allem, wenn der eine oder andere ebenfalls Erfahrungen mit einem Erfolgsjournal gesammelt hat.

Über viele Ansätze aus den Büchern habe ich bereits unter der Überschrift Selbstorganisation gebloggt. In den nächsten Beiträgen befasse ich mich tiefer mit der Definition persönlicher und organisatorischer Ziele. Dieser Artikel dient daher als Einstieg zum Thema, welches ausschlaggebend für die persönliche Weiterentwicklung ist. Ich hoffe deshalb, dir hat dieser kleine Ausflug gefallen und du hast selbst Lust bekommen, dich stärker mit deinen Zielen zu beschäftigen. Vielleicht ja auch mit einem Journal als Hilfsmittel.

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Innerer Verantwortungsprozess

Die Verantwortung für sich selbst ist die Wurzel jeder Verantwortung – Mong Dsi (300 v. Chr.)

Wie im vorletzten Blog-Beitrag beschrieben, bedeutet verantwortlich zu handeln, dass “das jeweils Notwendige und Richtige getan wird und möglichst kein Schaden entsteht”. Im Prinzip ist es also ganz einfach: Man lotet seine Optionen aus und entscheidet sich aktiv für die beste.

Leider gelingt es uns Menschen oft nicht einen kühlen Kopf zu bewahren. Gerade in schwierigen Situationen durchlaufen wir eine ganze Kette von emotionalen Zuständen, die uns die Natur mitgegeben hat. Ich möchte zwei Modelle beschreiben, die unterschiedliche Blickwinkel auf diese emotionale Reise geben:

  • Trauerkurve
  • Responsibility Process

Trauerkurve – noch geschockt oder schon frustriert?

Die Trauerkurve bei Veränderungsprozessen gibt es mittlerweile in vielen Varianten. Sie beschreibt verschiedene emotionale Zustände, die jeder von uns mit unterschiedlichem Tempo durchläuft. Veränderungen können dabei durch die unterschiedlichsten Situationen ausgelöst werden, von Offensichtlichem wie einer Entlassungswelle, bis hin zu eher subtilen Veränderungen wie der Einführung neuer Software.

trauerkurve scrumburgSobald man merkt, dass eine Veränderung naht, sinken Moral und Produktivität. Die betroffenen Menschen beginnen sich Sorgen zu machen was passieren wird und in welchem Ausmaß sie davon betroffen sind. Sobald die Veränderung verkündet ist, braucht man eine gewisse Zeit um den Schock zu überwinden. Es folgt Abwehr und wenn diese nichts bringt, stellt sich Frustration ein. Schließlich beginnt man sich mit der Veränderung zu arrangieren. Man nimmt Abschied und öffnet sich für einen konstruktiven Umgang mit der neuen Situation, bis diese vollständig in den Alltag integriert ist.

Jeder durchläuft die Kurve in einer anderen Geschwindigkeit. Und wer früher in die Veränderung eingebunden wird, ist emotional in der Regel auch schon weiter. Das führt unter Umständen dazu, dass das lang informierte Management schon in der Abschiedsphase ist, während die vor kurzem involvierte Belegschaft noch in der Abwehr-Haltung ist.

Responsibility Process

Auch der Responsibility Process von Avery beschreibt emotionale Phasen, die man nacheinander durchläuft. Während man sich bei der Trauerkurve eher als Opfer der Veränderung sieht, möchte der Responsibility Process dabei helfen aus dieser Rolle herauszukommen und Verantwortung zu übernehmen. Er kennt sieben Stufen:

  1. DENIAL: Das Leugnen der Situation.
  2. LAY BLAME: Die Schuldzuweisung an andere.
  3. JUSTIFY: Die Erklärung der Situation durch höhere Umstände.
  4. SHAME: Man beginnt den Fehler bei sich selbst zu suchen.
  5. OBLIGATION: Handeln aus Verpflichtung, um Erwartungen anderer gerecht zu werden. Hierbei fühlt man sich schlecht.
  6. QUIT: Flucht. Man ignoriert das Problem.
  7. RESPONSIBILITY: Handeln in Verantwortung. Man lotet Optionen aus und entscheidet sich für die Option, mit der man das beste Gefühl hat.

Diese Stufen werden nacheinander durchlaufen, bevor man sie mit QUIT, OBLIGATION oder RESPONSIBILITY abschließt. Ziel ist, möglichst immer in RESPONSIBILITY zu handeln. Nur dann fällt die Last von einem ab und man kann sich wieder zu 100% engagieren. Ein ausführliches Beispiel inkl. passender Übung findet ihr HIER.

Literatur:

(1) Christopher Avery 2016: The Responsibility Process*: Unlocking Your Natural Ability to Live and Lead with Power: Partnerwerks

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holger

Holger Tewis ist Agile Enterprise Coach
www.holgertewis.de

Team-Verantwortung oder Einzel-Verantwortung

Wenn Spinnen vereint weben, können sie einen Löwen fesseln – Äthiopisches Sprichwort

Viele glauben, dass Verantwortung für ein Thema immer bei genau einer Person liegen sollte. Dies wird gerechtfertigt mit Sprüchen wie: “Sind alle zuständig, dann trägt keiner Verantwortung.” oder “Viele Köche verderben den Brei.”

Natürlich ist es schlecht, wenn sich keiner verantwortlich fühlt, aber in manchen Fällen macht es die Benennung einer einzelnen Person noch schlimmer. Das kann man in einigen Unternehmen am Zustand der Büroküche sehen. Räumt die Reinigungsfachkraft mehrfach am Tag auf, machen sich wenige Mitarbeiter noch die Mühe ihre Kaffeetasse selbst in den Geschirrspüler zu stellen. Wenn die Fachkraft dann ausfällt, wird die Küche innerhalb weniger Stunden zum Saustall.

Verhalten sich die Mitarbeiter bei der Produktentwicklung genauso, entstehen Produkte, die qualitativ minderwertig sind oder die Entwicklung wird schneckenlangsam, weil überall auf den einen gewartet wird, der verantwortlich ist, sei es für Design, Architektur, Implementierung oder Qualitätssicherung.

Deswegen ist es oft eine gute Idee, die Verantwortung nicht auf einzelne Personen, sondern auf ein ganzes Team zu übertragen. Ein Scrum Entwicklungs-Team wird zum Beispiel immer als ganzes in die Verantwortung genommen:

Einzelne Mitglieder des Entwicklungsteams können zwar spezialisierte Fähigkeiten oder Spezialgebiete haben, aber die Rechenschaftspflicht obliegt dem Team als Ganzem. (Scrum Guide)

Es braucht bestimmte Rahmenbedingungen, damit Teams wirklich mehr sind als nur die Summe ihrer Mitglieder. Das Aristoteles Projekt von Google hat folgende Faktoren von effektiven Teams festgestellt:

  • Psychologische Sicherheit: Die Teammitglieder fühlen sich sicher dabei, Fragen oder Ideen zu äußern, ohne als unwissend, inkompetent, negativ oder störend abgestempelt zu werden.
  • Verlässlichkeit: Die Mitglieder liefern ihre Arbeit zuverlässig, pünktlich und in hoher Qualität ab
  • Struktur und Klarheit: Jeder versteht, was von ihm erwartet wird, wie er die Erwartungen erfüllen kann und wie sich die eigene Leistung auf die Teameffektivität auswirkt. Spezifische, herausfordernde aber erreichbare Ziele.
  • Sinnhaftigkeit: Das Erkennen eines Sinns in der Arbeit selbst oder in ihrem Ergebnis.
  • Auswirkung: Das Gefühl einen signifikanten Unterschied zu machen.

Wenn es um Richtungsentscheidungen, Ziele und Prioritäten geht, ist es dagegen meistens besser einen einzelnen Verantwortlichen zu haben. Ansonsten entstehen Machtkämpfe oder faule Kompromisse. Ein Scrum Product Owner ist zum Beispiel immer genau eine Person, keine Komitee oder eine Doppelspitze.

Es sollte also eine Person geben, die das Was? festlegt und die Richtung vorgibt und ein Team, welches das Wie? bestimmt und die Umsetzung macht. Dabei kann es verschiedene Strategien geben, wie man Teams führt. Henrik Kniberg hat zum Beispiel für Spotify beschrieben, wie dort viele Teams gemeinsam an einem Produkt arbeiten. Die Teams sollen dort möglichst autonom agieren, damit sie nicht auf andere warten müssen. Gleichzeitig brauchen die Teams eine gute gemeinsame Ausrichtung (Alignment), damit das Produkt am Ende aus einem Guss ist und nicht zu einem Frankenstein-Monster wird. spotify

Im nächsten Beitrag betrachten wir den inneren Verantwortungsprozess aus der Reihe zum Circle of Personal Agility.

Literatur:

(1) Charles Duhigg 2016: What Google Learned From Its Quest to Build the Perfect Team: New York Times

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Holger Tewis ist Agile Enterprise Coach
www.holgertewis.de