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Noch besser als OKR: Das Problem lösen!

Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen – Helmut Schmidt

In den vorhergehenden Artikeln haben wir über persönliche Ziele, sowie organisatorische Ziele gesprochen,  MbO mit OKR verglichen und ganz am Anfang Nordsterne vorgestellt. Neben Ziel und Objective wird oft auch von Mission, Vision oder gar Mantra (Guy Kawasaki) gesprochen. Zum Teil werden diese Begriffe aber auch synonym verwendet. Toyota z.B. nennt seine Nordsterne intern einfach Vision. Die Methoden definieren denselben Begriff oft leicht anders und in der Praxis geht schließlich alles drunter und drüber. Kann ein Team seine Key Results im Daily Scrum im Burndown-Chart visualisieren? Wie passen Target Conditions zu Sprintzielen?

Ich empfehle deswegen von den tatsächlichen Herausforderungen her zu denken: Was ist eigentlich unser Problem?

Schon bei der Ursachenforschung kann man sich darüber Gedanken machen, wie Ziele das Problem beeinflussen. Ist das Problem dann eingekreist, kann man überlegen welche Eigenschaften von Zielen einem für die Lösung helfen. Ich habe dafür die verschiedenen Systeme zur Zielsetzung nach vier Kriterien zerlegt:

  • Erreichbarkeit: Ist das Ziel erreichbar und wenn ja wie einfach?
  • Messbarkeit: Ist der Fortschritt zum Ziel quantifizierbar?
  • Zeitraum: Bis wann ist die Zielerreichung relevant
  • Organisationseinheit: Für wen gilt das Ziel?

Die folgende Tabelle zeigt die verschiedenen Varianten:

Hier ein paar Beispiele aus der Praxis, wie die Tabelle anzuwenden ist:

  • “Das sind Low Performer, die müssen mal Gas geben!”: Woran wird die Leistung festgemacht? Gibt es messbare Ziele? Sind diese motivierend und herausfordernd genug? Passen individuelle Ziele zu Teamzielen?
  • “Die Silo-Abteilungen arbeiten alle gegeneinander!” Gibt es ein übergreifendes Ziel? Sind die Abteilungsziele aufeinander abgestimmt? Erreichen die Abteilungen ihre Ziele? Ist die Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen ein Ziel?
  • “Die Abteilung macht Verlust, obwohl alle ihre Ziele erreicht haben.” War es Abteilungsziel keinen Verlust zu machen? Passen die Teamziele zum Abteilungsziel? Sind die Ziele herausfordernd genug?
  • “Das Team ist total chaotisch und erreicht nie das Sprintziel.” Ist das Sprintziel wirklich erreichbar oder möglicherweise zu herausfordernd? Bricht das Team das Sprintziel in kleinere Einheiten herunter? Wie misst das Team seinen Fortschritt? Setzen sich die Teammitglieder persönliche Ziele? 

Haben Organisationen früher MbO wie die Sau durchs Dorf getrieben, geschieht dasselbe heutzutage mit OKR. Ausschlaggebend für die Implementierung eines Zielsystems sollte aber das Problem sein, das man lösen will. Die Tabelle zeigt recht eindeutig, dass man oft mehrere Optionen hat. Oder man baut sich passend zum Problem sein eigenes maßgeschneidertes System. Am Ende kommt es vor allem auf eine konsequente und nachhaltige Implementierung an.

Über Feedback freue ich mich wie immer!

Literatur

Andrew S. Grove 1983: High Output Management*: Vintage
John Doerr 2018: Measure What Matters*: Portfolio Penguin
Peter Drucker 2010: The Practice of Management*: Harper Business
Mike Rother 2009: Toyota Kata*: Managing People for Improvement, Adaptiveness and Superior Results: McGraw-Hill Education

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Holger Tewis

Holger Tewis ist Agile Enterprise Coach
www.holgertewis.de

250% höhere Performance mit OKR

Ideen sind leicht, Umsetzung ist hart – Guy Kawasaki

Wie so oft im Leben, braucht es eine saubere Umsetzung, um eine gewünschte Wirkung zu erzielen. Wie setzt man Objectives and Key Results aber nun in der Praxis so um, dass sie ihr volles Potential entfalten können? Bei der Einführung von Management by Objectives haben sich viele Organisationen, durch zentrale Planung und Verknüpfung von Zielen mit Gehalt und diversen Boni, von den ursprünglich bei Drucker genannten Werten meilenweit entfernt. Diese Umsetzungspraxis hat auch dazu geführt, dass OKR heutzutage vielerorts als Gegensatz zu MbO angesehen wird: 

MBOs OKRs
“Was”“Was” und “Wie”
JährlichJe nach Kontext 4-12 Wochen
Geheim und abgeschottetÖffentlich und transparent
Top-downBottom-up oder seitwärts
Mit Gehalt/Bonus verbundenGrößtenteils getrennt von Gehalt/Bonus
RisikoscheuAngriffslustig und anspruchsvoll

Diese Gegenüberstellung findet man bei John Doerr. OKRs hat er durch Andy Grove bei Intel kennengelernt. Seine nachfolgende Einführung bei Google und anderen Organisationen beschreibt er ausführlich und anschaulich in seinem Buch Measure what Matters (s.u.).

OKR nach Doerr

Objectives und Key Results sieht Doerr als das Yin und Yang des Setzens von Zielen.

Objectives beschreiben signifikant, konkret, handlungsanweisend und inspirierend was erreicht werden soll. Doerr bezeichnet sie als Impfstoff gegen unscharfes Denken.

Key Results messen und überprüfen wiederum wie die Objectives erreicht werden. Sie sind spezifisch, realistisch und gleichzeitig herausfordernd. Insbesondere sind sie jedoch messbar, haben also einen zu erreichenden Endwert, der an einem Zieltermin verifizierbar ist, etwa in Form von Gewinn, Wachstum, Aktiven Nutzern, Qualität, Sicherheit, Marktanteil oder Kundenbindung. 

Doerr empfiehlt: Key Results in Paaren definieren, um negativen Auswirkungen entgegenzuwirken. Bezieht sich ein Key Result auf eine Erhöhung der Quantität, sollte ein zweites Key Result die Qualität in den Fokus nehmen.

Zudem rät er zu einem Mix aus Output- und Input-bezogener KRs. Zum Beispiel die Durchführung von 10 Tests (Input) bei einer reduzierten Fehlerrate von 5% (Output).

Sobald man alle seine Key Results erfüllt hat, ist das dazugehörige Objective ebenfalls erreicht. Ansonsten war es von Anfang an unpräzise formuliert.

Eine strikte schrittweise Top-Down Kaskadierung von OKR ist langsam, unflexibel und zu eindimensional. Stattdessen sollten die obersten Ziele transparent kommuniziert werden und als Grundlage dienen, auf der die Mitarbeiter Bottom-up ihre Ziele selber definieren.

OKRs sollten so ambitioniert definiert werden, dass schon die Erreichung von 70% eines Key Results ein Erfolg ist. Das Setzen von solchen Stretch Goals soll einen ganz bewusst aus der Komfortzone schubsen. In Studien (Locke/Latham s.u.) hat die Performance von Personen mit den schwierigsten Zielen bis zu 250% höher gelegen, als die von Personen mit den leichtesten Zielen. Während der Umsetzung wird darüber hinaus regelmäßig bewertet, wie sicher die Zielerreichung gerade noch ist und mit der sogenannte Konfidenz festgehalten. Je nach Fortschritt bzw. Erreichungsgrad werden den Key Results dabei Ampelfarben zugeordnet. 

  • 0,7 to 1,0 = grün. (Das Ziel wurde erreicht)
  • 0,4 to 0,6 = gelb. (Fortschritt wurde erzielt, jedoch ungenügend.)
  • 0,0 to 0,3 = rot. (Es wurde kein echter Fortschritt erreicht.)

Hier ein Beispiel:

Key ResultKommentarKonfidenz
500 Produkte verkauft bis Mai470 Produkte verkauft0,9
Steve als CEO eingestelltSteve leider bei der Konkurrenz0,0
5 Tests erstellt3 von 5 fertig0,6

OKRs sind kein Wunschzettel oder eine tägliche Todo-Liste, sondern Ziele, die besondere Aufmerksamkeit bedürfen, weil sich eine starke Hebelwirkung hinter ihnen verbirgt. Die vernünftige Definition von OKRs ist eine Investition, die Zeit und Mühe braucht. Gleichzeitig sollte sie nicht an zu viel Perfektionismus scheitern – sie sind keineswegs in Stein gemeißelt und können angepasst oder verworfen werden. Wenn sie aus aktueller Betrachtung sinnlos geworden sind, folgt die Überlegung zu Lessons Learned und den daraus resultierenden Anpassungen am eigenen Vorgehen.

Eine Organisation benötigt meist ein Jahr oder auch länger, bis sie den Umgang mit OKR beherrscht. Wenn sie etabliert sind, können sie dann aber genutzt werden, um die gesamte Unternehmung schnell um Hindernisse herum und durch schwierige Passagen hindurch zu manövrieren –  wie meistert ihr Unternehmen die Corona-Pandemie?

Im nächsten Beitrag zum Thema organisatorischer Erfolg geht es dann um Nordsterne und ob sie eher als Alternative oder Ergänzung zu OKR, MbO und Co zu sehen sind.

Literatur

Andrew S. Grove 1983: High Output Management*: Vintage
John Doerr 2018: Measure What Matters*: Portfolio Penguin
Edwin Locke/Gary Latham 2017: New Developments in Goal Setting and Task Performance*: Routledge

(*) Affiliate-Links.

holger

Holger Tewis ist Agile Enterprise Coach
www.holgertewis.de

Mit Key Results zum Unternehmenserfolg

Effektive Zielsetzung startet mit diszipliniertem Nachdenken an der Spitze, mit Führungskräften, die Zeit und Energie investieren zu entscheiden, was wirklich zählt – John Doerr

Objectives and Key Results, oder kurz OKR, wurden durch die Verwendung bei Google bekannt. Erfunden hat sie jedoch Andrew S. Grove, ein Manager bei Intel.
Nachdem wir im letzten Beitrag einen Blick auf MbOs geworfen haben, hier die Fortsetzung zum Thema organisatorische Ziele.

OKR – Objectives and Key Results

Grove beschreibt in seinem Buch High Output Management (s.u.), wie aus seiner Sicht die richtige Implementierung von MbO (Management by Objectives) aussehen sollte. Der Planungsprozess einer Organisation besteht dabei aus drei Schritten:

  1. Bedarf: Was ist im aktuellen Kontext der Organisation (Markt, Konkurrenz etc.)  nötig?
  2. Status Quo: Wo steht die Organisation mit ihren Produkten und Services im Moment?
  3. Lücke Schließen: Was muss und kann getan werden um die Lücke zwischen Bedarf und Status Quo zu schließen?

Zielorientiertes Management konzentriert sich nach Grove auf Schritt zwei und drei und macht diese konkret. Um erfolgreich zu sein müssen dabei nur zwei Fragen beantwortet werden:

  1. Ziel: Wohin wollen wir? (Objective)
  2. Schlüsselergebnisse: Wie erkennen wir, ob wir dem Ziel näher kommen? (Key Results)

Zum Festlegen der OKR von Mitarbeitern macht die Führungskraft ihre eigenen Objectives transparent. Mitarbeiter und Führungskraft einigen sich dann in freier, offener Diskussion, mit welchen eigenen Objectives der Mitarbeiter diese Ziele unterstützen kann (Delegation Level 4). So entsteht aus den Objectives von Führungskräften und Mitarbeitern eine verschachtelte, voneinander abhängige Hierarchie: Werden die Ziele der Mitarbeiter erfüllt, so werden automatisch die Ziele der Führungskraft erfüllt.

Key Results definiert ein Mitarbeiter hingegen selbst, sobald seine Ziele feststehen. Er überlegt wie er sein Vorwärtskommen messen kann und will und formuliert die Key Results so eindeutig, dass es keine Zweifel gibt, wann sie erfüllt sind. So werden sie zu einem Instrument für den Mitarbeiter, um seine eigene Leistung zu messen. Dazu müssen Key Results so terminiert sein, dass sie zeitnah Feedback geben, ob das eigene Handeln die richtige Wirkung zeigt (z.B. quartalsweise oder gar monatlich, etwa bei einer jährlichen Planung).

key results

Es ist möglich seine Objectives zu verfehlen, obwohl man alle Key Results erfüllt hat. OKR sind kein Vertragswerk auf dessen Erreichen ein Performance-Review des Mitarbeiters passieren sollte, sondern maximal ein Feedback, wie erfolgreich der Mitarbeiter war.

Wenn man Drucker und Grove direkt vergleicht, stimmen ihre Sichtweisen auf Zielorientiertes Management größtenteils überein. Grove bezieht sich ja sogar direkt auf Management by Objectives. Nur beim Festlegen der Messgrößen gibt es Unterschiede. Bei Drucker werden die  Messgrößen tendenziell von Außen geliefert, bei Grove definiert sie jeder Mitarbeiter selbst. Von Grove gibt es allerdings wenig Veröffentlichungen zum Thema, so dass ein großer Interpretationsspielraum seiner Definition von OKR bleibt.

Deswegen kommt im nächsten Beitrag einen Schüler von Grove zu Wort, der OKR bei Google eingeführt hat. John Doerr beschreibt in seinem Buch Measure what Matters (s.u.) sehr ausführlich, wie Unternehmen OKR in der Praxis anwenden sollen.

Zum Weiterlesen einfach hier klicken: OKR in der Praxis

Literatur

Andrew S. Grove 1983: High Output Management*: Vintage

John Doerr 2018: Measure What Matters*: Portfolio Penguin

(*) Affiliate-Links.

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Holger Tewis ist Agile Enterprise Coach
www.holgertewis.de