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Autonomie von Teams

In dem vorhergehenden Artikel habe ich geschrieben, dass ein Gleichgewicht von Autonomie und Alignment bei agilen Teams wichtig ist, damit man für eine Firma zu einem globalen Optimum kommt.

In diesem Beitrag geht es darum, wie wir bei meinem Arbeitgeber CoreMedia die Autonomie von Teams ermöglichen. Die Punkte sind nicht vollständig und sollen nur als Ideengeber dienen.

Warum Autonomie?

Autonomie von Teams ist essentieller Bestandteil von agilem Vorgehen. Dies ist übrigens auch wichtig für die Motivation von Wissensarbeitern, zu denen auch Softwareentwickler gehören.

Wichtiger noch ist, dass autonome Teams gerade wegen ihrer Unabhängigkeit schneller auf Veränderungen reagieren können. Auch werden Wartezeiten bei der Entwicklung von Produkten reduziert. Beides kann ein entscheidender Vorteil gegenüber der Konkurrenz sein.

Die Autonomie der Teams spiegelt sich bei CoreMedia in verschiedenen Dingen wider (der Schwerpunkt der Beschreibung liegt auf den Entwicklungsteams, ähnliche Prozesse gibt es auch bei anderen Teams):

Scrum und Kanban

Unsere Teams arbeiten nach Scrum, Kanban oder einer Kombination von beiden. Diese Vorgehensmodelle erfordern und fördern Autonomie in Form von Selbstorganisation. Teams sollen möglichst cross-funktional aufgestellt sein und möglichst viele Entscheidungen selbstständig treffen können. Insbesondere “Wie” etwas gebaut wird liegt im Entscheidungsbereich eines Teams.

Selbstorganisation

Viele Dinge wie zum Beispiel Sprintlängen, Gestaltung und Vorgehen beim Task-Board, allgemeine Prozesse und Meetingstrukturen werden von jedem Team individuell festgelegt. Auch Urlaube werden bei den meisten Teams nicht wirklich vom Vorgesetzten genehmigt, sondern ein Teammitglied, dass Urlaub machen möchte, schickt zunächst eine Mail mit dem Urlaubswunsch an sein Team. Wenn es hier keine Einwände gibt, wird die Verwaltung – wiederum durch das Teammitglied selbst – über den geplanten Urlaub informiert. Damit ist der Prozess abgeschlossen.

Cross-funktionale und Feature-Teams

Die Entwicklungsteams haben prinzipiell erstmal keine exklusive  Verantwortung für einzelne (technische) Komponenten des Produktes. Diese ergeben sich eher aus dem Wissen der Teammitglieder. Damit kann ein Team auch prinzipiell an vielen Bereichen des Produktes arbeiten und einzelne Features unabhängig von anderen Entwicklerteams quer durch viele unterschiedliche Komponenten implementieren. Dieses Vorgehen hat sich weitestgehend etabliert (außer für sehr komplexe Spezialthemen).
Aufgrund der Wissensverteilung und vorhandenen Kompetenzen für die Aufgaben ist es den Teams überhaupt erst möglich, autonom zu agieren.

Team-Infrastruktur für Continuous Integration

Die Entwicklerteams haben eigene Infrastruktur für Continuous Integration in Form von eigenen Jenkins-Servern und -Slaves. Die Konfiguration der Systeme und die Tests, die auf diesen sog. Pipelines ausgeführt werden, werden allerdings wieder global für alle verwaltet, um gemeinsame Qualitätsstandards sicherzustellen. Teams können davon zeitweilig abweichen, etwa um neue Technologien einzuführen. Änderungen fließen dann anschließend in die globale Konfiguration zurück. Dadurch können Teams an Infrastrukturthemen arbeiten, ohne dass dadurch gleich andere Teams betroffen sind.

Eigenständige Weiterbildung

Die Weiterbildung der einzelnen Teammitglieder wird eigenständig organisiert. Dies kann ganz verschiedene Ausprägungen haben. Ein Entwickler kann sich Slack-Time nehmen (siehe dazu etwa https://www.impulse.de/management/unternehmensfuehrung/slacktime/2178126.html oder https://www.scrum.de/portfolio-posts/slack-time-was-ist-das/ ), um sich selbstständig in ein Thema einzuarbeiten. Dazu kann sich jeder auch Bücher bestellen. Oder jemand darf – unter gewissen Rahmenbedingungen – eine Konferenz besuchen, die er oder sie interessant findet. Klassische (und zentral organisierte) Schulungen sind bei uns eher die Ausnahme. So entsteht Autonomie auf der Ebene der einzelnen Mitarbeiter.

Zeiterfassung/-abrechnung

In jedem Team gibt es eine vom Team beschlossene Art der Zeiterfassung. Zentrale Vorgabe ist nur, dass für bestimmte Themen die Aufwände erfasst werden, die in dem Team zu einem bestimmten Thema entstehen. Alle unserer Entwickler-Teams haben sich mittlerweile dazu entschieden, ihre Aufwände mit Hilfe von Lego-Steinen zu erfassen. Mehr dazu findet sich in einen früheren Blog-Post von mir: https://scrumburg.wordpress.com/2013/04/05/stein-fur-stein-zur-besseren-zeiterfassung/

Release Trains

Bei CoreMedia verwenden wir eine Art von  Release Trains (https://en.wikipedia.org/wiki/Software_release_train) für verschiedene Versionen unseres Produkts. Der Zeitplan dieser ist unabhängig von den Sprintlängen/-enden der Teams. Damit released ein Team am Ende eines Sprints die Software nicht unbedingt. Wichtig ist nur, dass am Ende eines Sprints Dinge fertig werden und prinzipiell einsetzbar/releasebar sind. Dasselbe gilt für Teams, die eher nach Kanban arbeiten.
Release Trains fördern einerseits die Autonomie von Teams, die dadurch selbständig entscheiden können, mit welchem Release-Train sie ihr Feature veröffentlichen wollen. Es entsteht weitere Entkopplung, da sich Teams mit dem Releasen von Stories und anderen Dingen nicht unbedingt mit anderen Teams abstimmen müssen. Weitere Autonomie würde durch die Fähigkeit, selbst Software in Produktionsumgebungen zu releasen, entstehen. Dies ist bei SaaS-Firmen durchaus üblich, im Umfeld von On-Premise-Produkten eher schwierig umzusetzen.

Andererseits sind Release-Trains aber auch ein Mittel, mit dem man die Arbeit von Teams wieder zusammenbringen, bzw. alignen kann.

Wie bereits im vorhergehenden Beitrag beschrieben, reichen autonome Team alleine nicht aus, sondern es muss ein Gleichgewicht zwischen Autonomie und Alignment geschaffen werden. In dem nächsten Blog-Beitrag geht es dann abschließend darum, wie wir bei CoreMedia das Alignment sicherstellen.

Agilität, Autonomie und Alignment – Passt das Zusammen?

Das Agile Manifest beschreibt Werte, die als Grundlage für agiles Arbeiten in der Softwareentwicklung dienen. Die im Manifest beschriebenen Werte werden durch 12 Prinzipien ergänzt, die als Leitsätze für die agile Arbeit dienen.  

Längst hat sich dieser Ansatz auch außerhalb von Entwicklerteams herumgesprochen. Doch was bedeutet Agilität für die Arbeitsorganisation von Teams? Stefan Roock fasst dies sehr treffend wie folgt zusammen:

“Agilität  bedeutet Autonome Teams mit Business-Fokus, die ihren Prozess in Besitz und Verantwortung nehmen.” 

Das heißt, agile Teams sollen möglichst autonom agieren können. Dies ist schön und gut für einzelne  Teams, reicht aber nicht, wenn man Agilität skalieren möchte, also mehr als ein Team agil an einem gemeinsamen großen Produkt arbeiten lassen möchte.

Lokale vs. Globale Optimierung

Wenn man einfach nur viele autonome Teams arbeiten lässt, dann werden diese Teams mit Hilfe von Techniken aus ihrem Agilen Werkzeugkasten kontinuierlich an der Optimierung ihrer Prozesse arbeiten. Dies ist erst mal gut und gewünscht. Es besteht aber die Gefahr, dass man am Ende viele (Team-) lokale Optima hat, die durchaus in Konkurrenz zueinander stehen können und so bei der Organisation insgesamt zu einem Verlust von Business-Fokus führen. Die Frage ist auch ob die Teams dann noch der Firmenstrategie oder einer gemeinsamen Produktion folgen oder eigene, entkoppelte Ideen zu diesen Themen verfolgen.

Was fehlt, ist die eine einheitliche Ausrichtung auf ein gemeinsames, großes, ja Unternehmens-weites Ziel hin. Dies wird als Alignment bezeichnet.

Um ein globales Optimum für eine Firma zu schaffen, muss man daher ein Gleichgewicht aus Autonomie und Alignment der agil agierenden Teams schaffen.

Wie macht man das praktisch?

Die Idee, Autonomie und Alignment, zu kombinieren um bessere Produkte zu schaffen, ist nicht unbekannt. Henrik Kniberg, zum Beispiel,  beschreibt in einem Video über Spotifys Engineering Culture  den Zusammenhang zwischen Autonomie und Alignment.

Kniberg geht dabei so weit, dass er sagt, dass ein hohes Alignment größere Autonomie in den Entwicklungsteams ermöglicht.

In dem vorhergehenden Beitrag von Holger beschreibt dieser, wie wichtig Alignment bei einer agilen Transition ist.

In je einem weiteren Beitrag werde ich schildern, mit welchen Techniken und Prozessen wir bei meinem Arbeitgeber CoreMedia Autonomie und Alignment ins Gleichgewicht bringen.

Synchronisation von Scrum Teams mit Boundary Stories (Teil1)

Bei der Skalierung von Scrum wird von der Literatur häufig empfohlen, ein großes Team, das an einem gemeinsamen Projekt arbeitet, in mehrere kleinere Teams aufzuspalten, die dann als Feature Teams unterwegs sind und über ein Scrum of Scrums koordiniert werden.
Leider lässt sich dieser Optimalfall nicht immer so einfach umsetzen. Es kann durchaus sein, dass die Komplexität eines Software-Produkts es den Entwicklungsteams sehr schwer macht, einzelne Features durch verschiedene Module bzw. Komponenten hindurch zu implementieren. In diesen Fällen macht es dann, wie zum Beispiel bei CoreMedia, mehr Sinn, dass Scrum Teams einzelne Komponenten weiterentwickeln.

Schwierig wird es dann, wenn die einzelnen Komponenten nicht unabhängig voneinander sind. In diesem Fall ist auch die Arbeit der einzelnen Teams nicht unabhängig voneinander. Da Scrum-Teams ihrer Arbeit über die User-Stories planen, kann es Abhängigkeiten zwischen den Stories einzelner Teams geben. Diese Abhängigkeiten können uni- oder bidirektional sein. Unidirektional bedeutet, dass ein Team an einer Story arbeitet, bzw. arbeiten muss, auf die ein anderes Team wartet. Bei der bidirektionalen Abhängigkeit zwischen Stories arbeitet ein Team A an einer Story, die von einem anderen Team B benötigt wird. Gleichzeitig benötigt Team A auch die Implementierung einer anderen Story von Team B.

So entsteht ein Geflecht von Abhängigkeiten zwischen den Stories unterschiedlicher Teams, welches die Releaseplanung für ein Gesamtprodukt beeinflusst. Gerade Ketten von Abhängigkeiten sind dabei interessant. Nehmen wir als Beispiel ein Team A, dass eine Funktion bauen soll, für die erst ein Team B eine API in seiner Komponente ändern muss. Wenn nun für die Story von Team B weitere Funktionalität von einem Team C benötigt wird, entsteht eine Kette von Abhängigkeiten. Diese Kette ist bei der übergeordneten Releaseplanung für das Produkt zu berücksichtigen, da Verzögerungen bei den einzelnen Stories von Team B und Team C dazu führen, dass sich entweder das Release verzögert, oder aber Features der Story von Team A nicht im Release des Gesamtprodukts enthalten sind.

Um schnell reagieren zu können, muss den Vertretern der jeweiligen Teams für das Scrum of Scrums die Abhängigkeiten zwischen den Stories der Teams bewusst sein. Die Verantwortung solche übergreifenden Stories zu koordinieren liegt letztlich bei der Gruppe der Product Owner bzw., wenn diese Rolle vorhanden ist, bei einem Chief Product Owner.
Es gibt also eine Reihe von Personen, die sich über diese Art von Stories verständigen müssen. Bei der Diskussion der betroffenen Teams untereinander (genauso wie für die Beschreibung in einem Blog-Beitrag) ist es extrem hilfreich, wenn sie sich von der Bezeichnung her von „normalen“ User-Stories unterscheiden lassen. Die Bezeichnung sollte

  • kurz, prägnant und damit einprägsam sein,
  • widerspiegeln, dass es sich um eine Klasse von User Stories handelt, und
  • noch nicht anderweitig belegt sein.

Als Lösung dafür bin ich auf den Gedanken gekommen, Stories, die einen Einfluss auf Stories anderer Teams haben oder von anderen beeinflusst werden, als Boundary Stories zu bezeichnen.
Der Begriff hat meines Erachtens nach alle Merkmale, die oben gefordert sind.

Das „Stories“ in Boundary Stories macht zunächst klar, dass es sich um eine Story im Sinne von Scrum handelt. „Boundary“ hat zwei Aspekte, die die Verwendung rechtfertigen; eine Boundary ist gleichzeitig eine Verbindung und Grenze.

Stories versprechen die Umsetzung einer vom Kunden gewünschten Funktionalität. Ist der Kunde direkt oder indirekt ein Team, das für eine andere Komponente zuständig ist, so stellt die Story die Verbindung zwischen den Teams dar.

Gleichzeitig ist es in Scrum den Teams überlassen, wie und mit welchen Mitteln, sie Stories umsetzen. Damit stellen Stories generell auch eine Grenze dar, nämlich die zwischen dem Implementierungsteam und dem Product Owner. Etwas weiter gefasst stellen sie damit eine Grenze zwischen den Teams dar.

Zusätzlich wurde der Begriff von mir bewusst in Anlehnung an den Begriff Boundary Object aus der Soziologie gewählt. Das Konzept der Boundary Objects wurde von Susan Leigh Star und James R. Griesemer 1989 publiziert:

“Boundary objects are both plastic enough to adapt to local needs and constraints of the several parties employing them, yet robust enough to maintain a common identity across sites. They are weakly structured in common use, and become strongly structured in individual-site use. They may be abstract or concrete. They have different meanings in different social worlds but their structure is common enough to more than one world to make them recognizable means of translation. The creation and management of boundary objects is key in developing and maintaining coherence across intersecting social worlds.”

Quelle: Star SL & Griesemer JR (1989). “Institutional Ecology, ‘Translations’ and Boundary Objects: Amateurs and Professionals in Berkeley’s Museum of Vertebrate Zoology, 1907-39”. Social Studies of Science 19 (4): 387–420.

Sicherlich lässt sich das Konzept nicht eins zu eins in die Welt der Software-Entwicklung übertragen, es gibt aber einige Parallelen, die so groß sind, dass sie den Vergleich von User Stories mit Boundary Objekten zulassen.

Wie bereits erwähnt, sind bei CoreMedia einzelne Teams für bestimmte Komponenten zuständig, d.h. es gibt keine Feature Teams. Auch wenn sich die Teams in der Zusammensetzung ähneln und die Teammitglieder in der Regel einen ähnlichen Ausbildungshintergrund (meistens Softwareentwickler) haben, gibt es trotzdem in jedem Team eine leicht unterschiedliche (Team-) Kultur.
So haben die einzelnen Teams beispielsweise unterschiedliche Strategien zur Erledigung der täglichen Arbeit entwickelt. Einige Teams malen Burn-Down-Charts, andere Burn-Up-Charts und wiederum andere machen nichts dergleichen. Auch die Meeting Kultur ist ganz unterschiedlich geprägt. Einige haben spezielle Architektur-Meetings, andere nicht.
Eine besondere Ausprägung der unterschiedlichen Team-Kultur spiegelt sich in der Weise wieder, in der die einzelnen Teams auf Task-Karten die jeweiligen aktuellen Bearbeiter vermerken: Einige schreiben Kürzel an die Task-Karten an den Scrum Boards, andere wiederum verwenden dazu Magnete, die sie mit Bildern oder kleinen Lego-Figuren (bzw. „Lego-Avataren“) beklebt haben.
Auch beim Schätzen von Stories und Tasks werden teilweise unterschiedliche Techniken verwendet, so dass man durchaus von Unterschieden in den Teamkulturen sprechen kann.
Star und Griesemer sprechen davon, dass Boundary Objekte dazu dienen, die kulturellen Barrieren zu überwinden. In unserem Fall ist die Barriere zwar recht klein, trotzdem machen sich auch kleine Unterschiede schon bei Personalwechseln zwischen Teams bemerkbar. Es gibt demnach aus Sicht der Team-Kultur durchaus eine kleine Grenze zwischen den Teams.

Wichtiger noch mit Blick auf Barrieren ist die Tatsache, dass einzelne Teams Experten für bestimmte Komponenten sind. Dadurch arbeiten sie teilweise sogar mit unterschiedlichen Basistechnologien (etwa auch unterschiedlichen Programmiersprachen). Selbst wenn Entwickler aus anderen Teams mit den verwendeten Basistechnologien sowie den groben Architekturentscheidungen vertraut sind, werden sie in anderen Teams in der Regel bei der Architektur im Kleinen bzw. bei einzelnen Tasks wenig Überblick haben. Wenn sich Entwickler Taskboards anderer Teams ansehen, können sie daher in der Regel nicht bei jeder Task sofort erkennen, was genau damit gemeint ist. Das wird dadurch verstärkt, dass sich in den Teams teilweise unterschiedliche Standards etabliert haben, was das Formulieren von Task-Karten angeht. Dies macht es Personen von außerhalb des Teams zusätzlich schwerer, die Tasks zu verstehen.
Es gibt also zwischen den Teams Barrieren, die auf einem unterschiedlichen Vokabular (induziert durch die verwendeten Basistechnologien sowie den Formulierungsstandards von Tasks) und unterschiedlichen Normen bezüglich der Task-Karten basieren.

Viele Scrum Teams haben physikalische Task Boards, auf denen sie Story Karten aufkleben oder anpinnen. Aufgrund der physikalischen Story Karten passt auch die Aussage von Star und Griesemer, dass es sich bei Boundary Objekten um Objekte aus der physikalischen Welt handelt. Das ist für das Konzept von Boundary Stories allerdings nicht ausschlaggebend.

Insgesamt sind die Parallelen zwischen Boundary Stories und Boundary Objects nicht so abwegig, so dass die Begriffsähnlichkeit aus meiner Sicht legitim ist.

Boundary Stories fallen nicht vom Himmel; sie müssen in der Menge der User Stories in den Backlogs der einzelnen Product Owner gefunden und als solche markiert werden. Im einfachsten Fall passiert das in den Schätzklausuren und Sprintplanungen, in denen einzelne Teams überlegen müssen, ob eine Story bereits Ready ist, also alle Voraussetzungen für ihre Abarbeitung gegeben sind, oder nicht. Werden für die Umsetzung von Funktionalität erst Arbeiten von einem anderen Team benötigt, so ist die Story automatisch eine Boundary Story. Gleichzeitig muß der Product Owner die gewünschte Funktionalität über den Product Owner des anderen Teams anfordern. Die dazugehörige User-Story ist in dem anderen Team automatisch eine Boundary Story.

Schwieriger ist es mit Stories, die andere Teams eher ungeplant betreffen, etwa weil durch sie Funktionalität geändert wird. In diesem Fall müssen die Entwickler und der Product Owner gemeinsam überlegen, ob Stories andere Teams betreffen werden oder nicht. Die POs müssen dieses Thema ebenfalls diskutieren und entsprechende Stories als Boundary Stories markieren. Das wichtigste ist, dass in den Teams Bewusstsein für Boundary Stories geschaffen wird, damit die einzelnen Scrum Teams besser zusammenarbeiten und so Risiken in der übergeordneten Releaseplanung verringern.

Boundary Stories werden bei uns mit einem Look-ahead von 12 Wochen in den Backlogs der Product Owner markiert (also in der Regel 6 Sprints). Dazu wurde eigens eine neue Spalte in den Execl Standard-Vorlagen der Product Owner eingeführt.

In dem nächsten Blog Beitrag werden Holger und ich schildern, wie wir mit den Boundary-Stories bei CoreMedia umgehen und wie wir sie zur einfacheren Koordination visualisieren.