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Markt und Produkte – Strömungsabriss im Feedbackzyklus

The number one reason for business screwups is the lack of a market need for a new product – Jurgen Appelo.

Eine Priorisierung ist nur eine Momentaufnahme. Die besten Produkte entstehen in der kontinuierlichen Zusammenarbeit mit Kunden. Egal welche Tools und Modelle man verwendet, es bleibt die Frage, wie häufig man dafür mit dem Kunden zusammenkommen sollte.

Agilisten zeigen gerne das Video vom Nordstrom Innovation Lab, um zu verdeutlichen, was agiles Arbeiten eigentlich bedeutet: Ein Entwicklungsteam setzt sich in die Filiale eines Optikers und entwickelt, in direkter Interaktion mit den Kunden, eine App zur Auswahl von Brillen. 

Stefan Roock von it-agile hat in seinem Beitrag über den Agilen Kernzyklus destilliert, was den Kern agiler Zusammenarbeit ausmacht:

Das Umsetzungsteam und der Endkunde arbeiten in möglichst direktem Kontakt. Der Problemlösungskreislauf zwischen ihnen ist so eng wie möglich. Je näher das Vorgehen an diesem Kernzyklus liegt, umso besser wird das Produkt wahrscheinlich den Bedarf des Kunden treffen. 

Nicht jedes Produkt lässt sich wie im Nordstrom Innovation Lab direkt beim Kunden entwickeln, aber oft reisst im Eifer der Entwicklung der Feedbackkanal zum Kunden komplett ab. Kommt man nur am Anfang eines Projektes mit dem Kunden zur Definition von Lasten- und Pflichtenheft zusammen, ist man maximal weit vom Kernzyklus entfernt. Es ist in diesem Fall fast zwangsläufig, dass gegen Ende des Projekts einige böse Überraschungen auf alle Beteiligten warten. Dinge wurden etwa falsch verstanden und nicht geklärt, die Bedürfnisse des Kunden haben sich verändert und/oder mögliche Synergien durch kurze Feedback-Zyklen wurden verschenkt.

Es gibt eine Reihe von Methoden, die Empfehlungen geben, wie man den Feedbackzyklus mit dem Kunden optimal ausgestaltet: Scrum fordert, dass man Mindestens einmal im Monat den Zyklus durchläuft und z.B. im Review ein Teilprodukt präsentiert und auf Basis des Feedbacks die Entwicklung anpasst. Als Framework gibt Scrum aber wenig Hinweise, wie genau die konkrete Ausgestaltung passieren soll (siehe Scrumguide).

Design Thinking oder kurz DT ist ein Ansatz für Produktdesign, der danach strebt, das Optimum aus dem Widerstreit von Kundenbedürfnisse und technischen Möglichkeiten herauszuholen. DT ist damit sehr nah am agilen Kernzyklus dran. Es gibt verschiedene Schulen des Design Thinking. Die d.school der Stanford University z.B. definiert 5 Schritte mit flexibler Reihenfolge:

  1. Empathize: Interviews führen, Handlungen beobachten, Menschen in ihrem Kontext verstehen, Gedanken aussprechen, Gefühle offenlegen, Storys suchen
  2. Define: Kernproblem synthetisieren, inspirierende Perspektive gewinnen, Kriterien für die Bewertung konkurrierender Ideen festlegen
  3. Ideate: Raum der Lösungsmöglichkeiten aufziehen, so viele Ideen wie möglich generieren, Brainstorming, aussichtsreichste Ideen auswählen.
  4. Prototype: schnelle, billige Prototypen bauen, die Antworten auf wichtige Fragen für die finale Lösung liefern können. Bsp.: Wand mit Post-its, Rollenspiel, Storyboard,  Bastelei
  5. Test: Prototypen den Kunden zeigen und Feedback einsammeln.

Auch Lean Startup ist eine Vorgehensweise um Produkte zu bauen, die optimal auf Kundenbedürfnisse zugeschnitten sind. Im Gegensatz zu Design Thinking betrachtet es Produktentwicklung als strukturiertes Experiment, bei dem im wissenschaftlichen Sinne zuvor aufgestellte Hypothesen überprüft werden. Es gibt 3 Schritte:

  1. Build: Ideen schnell in Produkte verwandeln
  2. Measure: Reaktionen von Kunden messen
  3. Learn: Strategie fortführen oder verändern (pivot)

Jurgen Appelo kombiniert wiederum Design Thinking und Lean Startup zum Innovation Vortex. Dieser “Wirbelsturm” dreht sich in der Geburtsphase eines Business Modells sehr schnell. Man hat bisher nur wenig Erkenntnisse über die Bedürfnisse des Kunden und arbeitet dicht am agilen Kernzyklus, um möglichst schnell seine Annahmen zu validieren. Je stärker das Produkt am Markt etabliert ist, umso langsamer dreht sich der Vortex. Man schmeißt nicht mehr bei jeder neuen Erkenntnis alles über den Haufen, muss mehr auf Bestandskunden, CI, die eigene angewachsene Organisation und andere entstandene Strukturen achten.

Fazit: Eine gute Produktentwicklung erfordert schnelles Feedback vom Kunden. Dieses sollte mindestens einmal im Monat, gerade am Anfang der Entwicklung aber tendenziell schneller passieren. Mit leichtgewichtigen Prototypen sollten die kritischen Hypothesen zum Produkt überprüft werden. 

Der Innovation Vortex ist übrigens Teil des Shiftup-Workshops, den ihr bei mir in Hamburg und demnächst auch online buchen könnt. Informationen dazu findet ihr hier: Shiftup-Workshop.

Literatur

Jurgen Appelo 2019: Startup, Scaleup, Screwup*: 42 Tools to Accelerate Lean and Agile Business Growth (English Edition): Wiley

Michael Lewrick 2018: The Design Thinking Playbook*: Mindful Digital Transformation of Teams, Products, Services, Businesses and Ecosystems: Wiley

Eric Ries 2011: The Lean Startup*: How Today’s Entrepreneurs Use Continuous Innovation to Create Radically Successful Businesses: Currency

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Holger Tewis

Holger Tewis ist Agile Enterprise Coach
www.holgertewis.de

Markt und Produkte – Priorisierung

Your most unhappy customers are your greatest source of learning – Bill Gates

Stell dir vor, in deinem Garten steht eine Tulpe, so teuer wie dein ganzes Haus! Im Jahre 1637 bezahlte man in den Niederlanden für bestimmte Tulpenzwiebeln 10.000 Gulden pro Stück, dem Gegenwert eines Hauses in bester Lage in Amsterdam. Das durchschnittliche Jahreseinkommen lag zu der Zeit bei etwa 150 Gulden. Die Tulpenkrise gilt als eine der ersten Spekulationsblasen, bei der Marktpreise erzielt wurden, die weit über dem eigentlichen Produktwert lagen.

Auch wenn es einen Product Owner natürlich freuen kann, wenn sein Produkt hohe Preise erzielt, ist es in der Regel sicherer, dafür nicht auf Spekulationsblasen angewiesen zu sein.  Es gibt auch heutzutage keine unfehlbare Methoden, um vorauszusagen, wie gut sich ein Produkt am Markt verkaufen wird. Was bleibt sind Tools, die dabei helfen, die Beziehung zwischen Produkt und Markt analytischer zu betrachten, als nur auf sein Bauchgefühl zu hören. In der folgenden Tabelle sieht man eine kleine Übersicht solcher Methoden mit Vor- und Nachteilen. Wie Business Value Poker funktioniert, haben wir schon in einem älteren Beitrag beschrieben. Weiter unten werde ich noch auf das Kano-Modell und die RICE-Formel eingehen.

Eine der bekanntesten Methoden hieraus ist das Kano-Modell. Es setzt die Kundenzufriedenheit ins Verhältnis zur Güte der Produkteigenschaften. Hierdurch werden drei Arten von Eigenschaften unterschieden:

Aus einer Tulpenzwiebel sollte eine Tulpe erblühen. Ein Auto sollte mit Steuerrad kommen. Dies nennt man Basismerkmal. Es erscheint einem selbstverständlich, wenn es aber nicht eintritt, ist die Enttäuschung groß.

Blüht eine Tulpe in Regenbogenfarben, könnte es sich um ein Begeisterungsmerkmal handeln. Diese Eigenschaft vermisst man gar nicht, wenn sie nicht da ist. Aber sie begeistert einen, weil etwas sehr besonderes diese Tulpe von der Konkurrenz abhebt. Bei einem Auto würde einen vielleicht eine Funktion begeistern, die völlig automatisch Brötchen holt.

Bei einem Leistungsmerkmal steigt die Kundenzufriedenheit je stärker dieses ausgeprägt ist. Je größer die Tulpe oder je schneller das Auto, umso glücklicher der niederländische (bei der Tulpe) bzw. deutsche Kunde (beim Auto). 

Das RICE-Modell kommt wiederum mit vier Eigenschaften, bzw. Faktoren daher:

  • Reach: Wieviele Leute/Events sind betroffen?
  • Impact: Impact für eine Person, z.B. 3 für massive, 2 für high, 1 für medium 0.5 für low
  • Confidence: Zuversicht bezüglich der Schätzungen … 0-100%
  • Effort: Personenmonate / Komplexität aus dem Schätzpoker

Mit folgender Formel kann dann die Priorität für ein Feature berechnen werden.

Aber Achtung, die Formel sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die einzelnen Werte stark interpretierbar sind. Auf jeden Fall sollte man darauf achten, dass die Bewertung der Features konsistent bleibt und keine Genauigkeit vortäuscht, wo es keine gibt. Es bietet sich an verschiedene Kategorien für die vier Bereiche festzulegen. Etwa die Confidence in 5 Abschnitte von 20% zu zerteilen. Lange über einzelne Prozentpunkte zu diskutieren, ist reine Zeitverschwendung.

Darstellbar ist das RICE-Modell in 4-dimensionalen Matrizen, z.B. mit Achsen für Effort und Impact, Radien gemäß der Reichweite/Reach und einer Farbkodierung für Confidence.

Bei der Auswahl eines Priorisierungsmodells muss man sich der unterschiedlichen Vor- und Nachteile bewusst sein. Die Übersicht in diesem Artikel soll dir dabei als Hilfestellung dienen. 

Über Anregungen und Feedback freue ich mich wie immer sehr.

Literatur

Donald G. Reinertsen 1997: Managing the Design Factory*: A Product Developers Tool Kit: Free Press

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Holger Tewis

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Selbstorganisation – Prokrastination

Sich und seine Aufgaben optimal selbst zu organisieren ist die Basis um die eigene Produktivität zu erhöhen und selbstgesteckte Ziele zu erreichen. Neben diversen Techniken, um die Selbstorganisation zu verbessern, hilft es dir, die Eigenarten des menschlichen Gehirns besser zu verstehen, die uns manchmal mehr im Weg stehen als zu helfen.

Wer hat noch nie Dinge vor sich hergeschoben? Das Gespräch mit dem Chef, den Termin beim Arzt oder die anstehende Hausarbeit: Prokrastination oder “Aufschieberitis” hält uns davon ab, produktiver zu werden. Das Gehirn will uns jedoch nur vor Gefahren bewahren. Es merkt sich, dass die Herdplatte heiß ist, was praktisch ist, dann verbrennt man sich nur einmal die Finger. Es merkt sich jedoch auch deine Nervosität beim allerersten Kurzvortrag vor deinen Klassenkameraden.

Leider ist dein Gehirn sehr schlecht darin vorherzusagen, wie du dich bei weniger gefährlichen Tätigkeiten fühlen wirst. Es vergleicht mit der Vergangenheit und ignoriert die Möglichkeit, dass eine neue Aufgabe gar nicht vergleichbar ist oder du dich weiterentwickelt hast. Erwartet es etwas potentiell unangenehmes,  ergreift es Vermeidungsstrategien. Du kennst sicherlich die vielen “Argumente” deines Unterbewusstseins, Dinge zu verschieben: “Das andere ist gerade dringlicher”, “Ich bin zu müde”, “Es ist zu spät”, “Der Himmel ist zu blau” …

Je länger es eine Aufgabe hinauszögern kann, umso selbstbewusster wird dein Gehirn in seiner Haltung. Im Extremfall kann sich sogar eine regelrechte Phobie gegen eine Tätigkeit oder ein Thema entwickeln – Lässt man einmal den Zahnarzt ausfallen, fällt der nächste Besuch nur umso schwerer. Bis zu dem Punkt, an dem du tatsächlich Angst verspürst und das Surren des Bohrers in deinen Ohren klingt.

Der wichtigste Schritt der Prokrastination entgegen zu treten ist, sich selbst auf frischer Tat zu ertappen. Nur dann kannst du die Gegenwehr überwinden:

Ich  kann handeln, obwohl ich negative Gefühle mit dieser Aufgabe verbinde!

Untersuchungen haben ergeben, dass negative Emotionen aus der eingebildeten Erwartung an eine Aufgabe entstehen können. Beginnst du jedoch mit ihrer Durchführung, verfliegen paradoxerweise diese negativen Gefühle! Selbst Personen, die Mathematik hassen, empfinden nachweislich das Lösen von Aufgaben positiver, als den reinen Gedanken an den Umgang mit Formeln und Zahlen.

5 Sekunden und 2 Minuten

Es ist oft kontraproduktiv zu lange über das Starten einer Aufgabe nachzudenken.

Mel Robbins* rät, sich innerhalb von 5 Sekunden in Bewegung zu setzen. Ansonsten würgt dein Gehirn den Impuls etwas zu unternehmen ab und rationalisiert, warum es gerade besser ist, nicht ins Handeln zu kommen.

David Allen* empfiehlt, alles was in 2 Minuten erledigt werden kann, sofort zu machen, anstatt es irgendwo zu sammeln. Der Aufwand für die Verwaltung ist weit höher, als du für die Erledigung der Aufgabe brauchst.

Implementation Intentions

Ein nachgewiesen wirksames Mittel zur Überwindung der emotionalen Hürden, sind die sogenannten Implementation Intentions oder Wenn-Dann-Pläne. Zum Beispiel:

WENN ich eine Sache auf morgen verschieben will, DANN fange ich trotzdem gleich damit an.

Mit diesen Regeln programmierst du dein Unterbewusstsein quasi um. Es fällt dir leichter, dein Handeln zu verändern. Und führst du zusätzlich Buch (etwa ein Aufschiebe-Tagebuch) über deine Prokrastinationsgründe, kannst du direkt für jeden Eintrag eine Wenn-Dann-Regel festlegen. Bereits beim nächsten Versuch deines Unterbewusstseins dich auszutricksen, wirst du die Veränderung bemerken.

Eine weitere Möglichkeit ist das Verbinden einer unangenehmen Aufgaben mit einer angenehmen. Das neue Hörbuch nur während der Steuererklärung, Netflix nur auf dem Laufband und Schokolade beim Personalgespräch (natürlich für beide Seiten zugänglich).

Last but not least kannst du dir die wahren Gründe und die höheren Ziele einer Aufgabe bewusst machen um dich selbst zu motivieren. So hebelst du die fadenscheinige Argumentation deines Über-Ichs aus.

Links / Literatur

Allen, David 2015: Getting Things Done: The Art of Stress-Free Productivity*: Penguin Books

Robbins, Mel 2017: The 5 Second Rule: Transform your Life, Work, and Confidence with Everyday Courage* : Savio Republic

Hervorragende englische Seite zum Thema Prokrastination: https://www.njlifehacks.com/how-to-stop-procrastinating/

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Holger Tewis

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Selbstorganisation – Visualisierung

Sich und seine Aufgaben optimal selbst zu organisieren ist die Basis um die eigene Produktivität zu erhöhen und selbstgesteckte Ziele zu erreichen. Neben diversen Techniken um die Selbstorganisation zu verbessern, hilft es, die Eigenarten des menschlichen Gehirns besser zu verstehen, die uns manchmal mehr im Weg stehen als zu helfen.

Du hast sicherlich auch schon mal einen wichtigen Geburtstag vergessen. Völlig ohne böse Absichten. Er ist dir im Trubel des Alltags schlicht untergegangen. Du hast vergessen anzurufen, eine Karte zu schreiben oder ein Geschenk zu besorgen.

Unser Gehirn ist weder ein geordnetes Nachschlagewerk, noch ein übersichtlicher Kalender. Wir reagieren spontan auf Impulse in unserer Umgebung und nehmen unsere Umwelt extrem selektiv wahr. Selbst wichtige Ereignisse vergessen wir mitunter, wenn wir abgelenkt werden. Das ist (leider) ganz normal.

Und dann erinnerst du dich plötzlich – siedend heiß fällt es dir ein – manchmal zu spät. D.h. irgendwo abgespeichert war die Information doch. Allerdings erfolgt der Zugriff auf diese Erinnerung nicht zuverlässig in dem Moment, in dem du sie gebraucht hätte. Und dann gibt es noch diese Momente, in denen du dir sicher bist, irgendetwas Wichtiges vergessen zu habe. Wenn du nur deinen Finger darauf legen könntest …

Diese menschlichen Eigenarten ein Stück weit zu akzeptieren, wirkt sehr befreiend. Anstatt sich stressen zu lassen, empfehlen wir gehirngerechte Methoden und Werkzeuge zu benutzen. Hier folgen ein paar davon.

Die Brain Dump Übung

Du hast das Gefühl, dass dir zu viele Dinge im Kopf herumschwirren? Langsam beschleicht dich die Sorge die Übersicht über ein Projekt zu verlieren?

Dann nimm dir zwei Stunden Zeit, um dich mental zu entlasten. In dieser Zeit schreibst du alles zu dem Projekt nieder, was du für wichtig hältst. Alle Berichte und Protokolle die du erstellen musst, alle E-Mails die du schreiben oder beantworten musst, alles was Kunden, Chefs und Kollegen von dir erwarten, Termine, Beauftragungen, einfach alles. Reicht das für die mentale Entlastung nicht aus, weil es noch 4 weitere Projekte und obendrein private Themen gibt, schreib auch zu diesen alles nieder was dir in den Sinn kommt.

Da können schon mal 200-300 Punkte zusammenkommen. Jetzt betrachte die Liste und staune, was dir alles im Kopf herumschwirrte. Fehlt etwas? Dann ergänze es. Nimm dir Zeit deinen Kopf auf diese Art frei zu machen. Nun bist du wieder bereit dich wirklich zu Fokussieren. Und wann immer du das Gefühl hast, etwas Wichtiges vergessen zu haben, kannst du einfach auf die Liste gucken. Es steht mit Sicherheit schon drauf. 

Visualisierung

Ein Brain Dump ist ein erster Schritt zur Visualisierung deiner Aufgaben. Allerdings ist eine lange unsortierte Liste von unterschiedlich konkreten, dringenden und aufwändigen Dingen sehr unübersichtlich. Die schiere Menge der offen Aufgaben kann erschlagend wirken. Darum solltest du nun Ordnung in das Chaos bringen.

Überlege dir, mit welchem Medium du am liebsten arbeitest. Um flexibel Sachen umzusortieren, ist eine mit Kugelschreiber geschriebene Liste denkbar ungeeignet.

Willst du einen Computer nutzen, kannst du natürlich Word oder Excel verwenden. Besser geeignet sind jedoch Mindmap-Tools, wie FreeMind oder Coggle. Oder du nutzt ein Board, wie von Personal Kanban* empfohlen. Elektronische Varianten sind z.B. Trello oder MeisterTask.

Klebezettel sind eine ernstzunehmende Alternative zur Verwaltung von Aufgaben, was viele auf den ersten Blick nicht glauben wollen. Die haptische Interaktion, sprich Dinge anzufassen und physisch bewegen zu können, ist tief in uns Menschen verankert. Das macht den Umgang und die Bearbeitung einfach und schüttet auch noch körpereigene Glückshormone aus. Probieren lohnt sich!

Sortierung

Insbesondere bei großen Mengen von potentiellen Aufgaben ist es entscheidend, die Anzahl zu reduzieren. Mit der Eisenhower-Matrix sortierst du deine Punkte z.B. nach dringend und/oder wichtig ein. Dringend bedeutet akuter Handlungsbedarf. Wichtig sind Sachen, die langfristig einen Vorteil bringen, etwa strategisch auf ein Ziel hinführen. Nach Eisenhower sind wichtige Aufgaben eher selten dringend und umgekehrt. Im ersten Schritt solltest du vor allem die Sachen aussortieren, die weder dringend noch wichtig sind. Diese Aufgaben können entweder gleich in den Papierkorb, ins Archiv (z.B. Quittungen, wichtige Gesetzestexte) oder in eine Wiedervorlage zu einem späteren Zeitpunkt.

Es bleiben nur Aufgaben zurück, die momentan deine Aufmerksamkeit verdienen. Diese kannst du nun darauf abklopfen, ob sie actionable, also konkret umsetzbar sind. Was ist der nächste konkrete Schritt, den du aktiv durchführen kannst? Dauert dieser Schritt maximal 2-Minuten erledigst du ihn sofort (siehe 2-Minuten-Regel), ansonsten überführst du ihn in den ToDo-Bereich deiner Visualisierung.

Dieser ToDo-Bereich enthält die größeren Aufgaben, die du als nächstes angehen willst. Nutzt du z.B. ein Personal Kanban Board, kannst du mit drei Spalten starten: ToDo, In Arbeit und Fertig. Sobald du mit einer Aufgabe aus dem ToDo-Bereich anfängst, ziehst du sie auf „In Bearbeitung“ und nachdem du sie abgeschlossen hast in „Fertig“.

Ziele

Um deine Aufgaben richtig zu sortieren und ihre Wichtigkeit zu beurteilen, musst du dir vorher über deine kurz- und langfristigen Ziele im Klaren sein. Über diesen Bereich werden wir in einem anderen Beitrag berichten.

Links / Literatur

Allen, David 2015: Getting Things Done: The Art of Stress-Free Productivity*: Penguin Books

Benson, Jim 2013: Personal Kanban: Visualisierung und Planung von Aufgaben, Projekten und Terminen mit dem Kanban-Board*: dpunkt.verlag

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Selbstorganisation – Produktivität

Real Artists Ship – Steve Jobs

Sich und seine Aufgaben optimal zu organisieren ist die Basis, um die eigene Produktivität zu erhöhen und selbstgesteckte Ziele zu erreichen. Neben diversen Techniken zur Verbesserung der Selbstorganisation, ist es gut, die Eigenarten des menschlichen Gehirns, die uns manchmal mehr im Weg stehen,  besser zu verstehen.

Du kennst ihn sicherlich auch, den Mythos vom Multitasking. Der legendären Eigenschaft des Menschen, mehrere Aufgaben gleichzeitig bearbeiten zu können. Vor einiger Zeit musste Mann jedoch feststellen, dass nur Frauen über diese mächtige Fähigkeit verfügen. Mittlerweile wurde allerdings auch dies widerlegt. Studien haben ergeben, Multitasking ist ein Märchen. In Wahrheit wechselt unser Verstand ständig zwischen den Aufgaben hin und her, wenn wir versuchen mehrere Dinge parallel zu erledigen. Wir lösen unsere Aufmerksamkeit dabei immer wieder von einem Thema und fokussieren auf ein anderes. Hin und her, hin und her und jedes Mal entstehen Reibungsverluste, Rüstkosten, um sich umzustellen. Einzeln winzig klein, stapeln sich diese schnell zu einem gewaltigen Berg.

Das elementare „Geheimnis“ produktiven Arbeitens ist demnach, sich auf jeweils eine Sache zu konzentrieren, statt mehrere Dinge gleichzeitig zu erledigen:

Stop starting, start finishing.

Dabei musst du insbesondere darauf achten, Störungen und Unterbrechungen zu vermeiden. Schalte dein Handy in den Flugmodus, schließe dein E-Mail-Programm und ziehe dich an einen Ort zurück, an dem du ungestört bist. 

Zeit-Management

Um möglichst lange konzentriert zu bleiben, empfiehlt sich die Pomodoro-Technik auszuprobieren. Die funktioniert ganz einfach: Stell deinen Küchenwecker, Sanduhr oder Alexa-Timer auf 25 Minuten ein. (Die Bezeichnung Pomodoro bedeutet italienisch Tomate und kommt von den roten tomatenförmigen Aufziehweckern, die du in vielen Küchen weltweit finden kannst.) Auf jeweils 25 Minuten fokussiertes Arbeiten folgen 5 Minuten Pause. Wiederhole den Vorgang bis zu 4 Mal und mach dann eine längere Pause von 15-30 Minuten.

Du kannst auch versuchen nachzuverfolgen, wieviel Zeit du womit verbringst, um Zeitfresser zu identifizieren. Arbeitest du am Computer, helfen dir Werkzeuge wie RescueTime oder TimeDoctor, die dir genau aufschlüsseln wieviel Zeit du mit Surfen, E-Mail oder in Excel verbracht hast.

Neigst du zur Perfektion und bekommst deswegen Themen nicht schnell genug abgearbeitet, versuche deine eigene Erwartungshaltung stärker zurück zu stellen. Du machst die meisten Aufgaben nicht nur für dich alleine. Perfektion ist der Feind des Guten und gut genug ist der neue Maßstab. Außerdem ist Sachen fertig zu stellen auch ein Zeichen der Qualität deiner Arbeitsweise.

Denk daran deine hoch priorisierten ToDos abzuarbeiten. Auch wenn sie unangenehm erscheinen. Sonst fällst du in eine milde Form des Prokrastinierens zurück. Schon Mark Twain hat empfohlen morgens immer mit den besonders unangenehmen Aufgaben in den Tag zu starten. Hast du die sauren Äpfel hinter dir, kannst du den Rest des Tages süßere Dinge genießen.

Wer mag kann seine Abarbeitung auch spielerisch gestalten – Stichwort Gamification: Wie viele Aufgaben kannst du in 25 Minuten erledigen/wie viele “saure Äpfel” kannst du nacheinander verarbeiten?

Große Themen und Projekte

Bei besonders großen Themen solltest du stets überlegen, was der nächste umsetzbare Schritt ist. Brich solche Projekte also in kleine Teile herunter, aber übertreibe es nicht. Wenn du die nächsten Schritte im Detail kennst, genügt es in der Regel spätere Schritte grobkörnig zu lassen. Pass den Detailgrad so an, dass du nicht die Übersicht verlierst. 

Zudem solltest du dich auf die wichtigen Projekt-Teile fokussieren. 80% des Ergebnisses werden durch 20% der Aufgaben erreicht. In der Regel lohnt sich der Zeitaufwand um 100% der Ziele zu erreichen gar nicht. Man baut meistens nur goldene Wasserhähne, anstatt sich neuen wertvolleren Themen zu widmen.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, Themen delegieren zu können. Du musst nicht alles selber machen. Denk darüber nach, wer einen Punkt für dich erledigen kann und was deine Erwartungen an das Ergebnis sind.

Links / Literatur

Allen, David 2015: Getting Things Done: The Art of Stress-Free Productivity*: Penguin Books

Benson, Jim 2013: Personal Kanban: Visualisierung und Planung von Aufgaben, Projekten und Terminen mit dem Kanban-Board*: dpunkt.verlag

Bowman, Sharon L. 2008: Training from the Back of the Room*: Pfeiffer

Gollwitzer, P. M. (1990). Action phases and mind-sets. In E. T. Higgins & R. M. Sorrentino (Eds.), Handbook of Motivation and Cognition*: Guilford Press

Hardy, Darren 2012: The Compound Effect.* Jumpstart your income, your life, your success: Vanguard Press

Tracy, Brian 2017: Eat That Frog!: 21 Great Ways to Stop Procrastinating and Get More Done in Less Time* : Berrett-Koehler Publishers

Ferriss, Timothy 2015: Die 4-Stunden-Woche: Mehr Zeit, mehr Geld, mehr Leben*: Ullstein

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Holger Tewis

Holger Tewis ist Agile Enterprise Coach
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Noch besser als OKR: Das Problem lösen!

Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen – Helmut Schmidt

In den vorhergehenden Artikeln haben wir über persönliche Ziele, sowie organisatorische Ziele gesprochen,  MbO mit OKR verglichen und ganz am Anfang Nordsterne vorgestellt. Neben Ziel und Objective wird oft auch von Mission, Vision oder gar Mantra (Guy Kawasaki) gesprochen. Zum Teil werden diese Begriffe aber auch synonym verwendet. Toyota z.B. nennt seine Nordsterne intern einfach Vision. Die Methoden definieren denselben Begriff oft leicht anders und in der Praxis geht schließlich alles drunter und drüber. Kann ein Team seine Key Results im Daily Scrum im Burndown-Chart visualisieren? Wie passen Target Conditions zu Sprintzielen?

Ich empfehle deswegen von den tatsächlichen Herausforderungen her zu denken: Was ist eigentlich unser Problem?

Schon bei der Ursachenforschung kann man sich darüber Gedanken machen, wie Ziele das Problem beeinflussen. Ist das Problem dann eingekreist, kann man überlegen welche Eigenschaften von Zielen einem für die Lösung helfen. Ich habe dafür die verschiedenen Systeme zur Zielsetzung nach vier Kriterien zerlegt:

  • Erreichbarkeit: Ist das Ziel erreichbar und wenn ja wie einfach?
  • Messbarkeit: Ist der Fortschritt zum Ziel quantifizierbar?
  • Zeitraum: Bis wann ist die Zielerreichung relevant
  • Organisationseinheit: Für wen gilt das Ziel?

Die folgende Tabelle zeigt die verschiedenen Varianten:

Hier ein paar Beispiele aus der Praxis, wie die Tabelle anzuwenden ist:

  • “Das sind Low Performer, die müssen mal Gas geben!”: Woran wird die Leistung festgemacht? Gibt es messbare Ziele? Sind diese motivierend und herausfordernd genug? Passen individuelle Ziele zu Teamzielen?
  • “Die Silo-Abteilungen arbeiten alle gegeneinander!” Gibt es ein übergreifendes Ziel? Sind die Abteilungsziele aufeinander abgestimmt? Erreichen die Abteilungen ihre Ziele? Ist die Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen ein Ziel?
  • “Die Abteilung macht Verlust, obwohl alle ihre Ziele erreicht haben.” War es Abteilungsziel keinen Verlust zu machen? Passen die Teamziele zum Abteilungsziel? Sind die Ziele herausfordernd genug?
  • “Das Team ist total chaotisch und erreicht nie das Sprintziel.” Ist das Sprintziel wirklich erreichbar oder möglicherweise zu herausfordernd? Bricht das Team das Sprintziel in kleinere Einheiten herunter? Wie misst das Team seinen Fortschritt? Setzen sich die Teammitglieder persönliche Ziele? 

Haben Organisationen früher MbO wie die Sau durchs Dorf getrieben, geschieht dasselbe heutzutage mit OKR. Ausschlaggebend für die Implementierung eines Zielsystems sollte aber das Problem sein, das man lösen will. Die Tabelle zeigt recht eindeutig, dass man oft mehrere Optionen hat. Oder man baut sich passend zum Problem sein eigenes maßgeschneidertes System. Am Ende kommt es vor allem auf eine konsequente und nachhaltige Implementierung an.

Über Feedback freue ich mich wie immer!

Literatur

Andrew S. Grove 1983: High Output Management*: Vintage
John Doerr 2018: Measure What Matters*: Portfolio Penguin
Peter Drucker 2010: The Practice of Management*: Harper Business
Mike Rother 2009: Toyota Kata*: Managing People for Improvement, Adaptiveness and Superior Results: McGraw-Hill Education

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Holger Tewis

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250% höhere Performance mit OKR

Ideen sind leicht, Umsetzung ist hart – Guy Kawasaki

Wie so oft im Leben, braucht es eine saubere Umsetzung, um eine gewünschte Wirkung zu erzielen. Wie setzt man Objectives and Key Results aber nun in der Praxis so um, dass sie ihr volles Potential entfalten können? Bei der Einführung von Management by Objectives haben sich viele Organisationen, durch zentrale Planung und Verknüpfung von Zielen mit Gehalt und diversen Boni, von den ursprünglich bei Drucker genannten Werten meilenweit entfernt. Diese Umsetzungspraxis hat auch dazu geführt, dass OKR heutzutage vielerorts als Gegensatz zu MbO angesehen wird: 

MBOs OKRs
“Was”“Was” und “Wie”
JährlichJe nach Kontext 4-12 Wochen
Geheim und abgeschottetÖffentlich und transparent
Top-downBottom-up oder seitwärts
Mit Gehalt/Bonus verbundenGrößtenteils getrennt von Gehalt/Bonus
RisikoscheuAngriffslustig und anspruchsvoll

Diese Gegenüberstellung findet man bei John Doerr. OKRs hat er durch Andy Grove bei Intel kennengelernt. Seine nachfolgende Einführung bei Google und anderen Organisationen beschreibt er ausführlich und anschaulich in seinem Buch Measure what Matters (s.u.).

OKR nach Doerr

Objectives und Key Results sieht Doerr als das Yin und Yang des Setzens von Zielen.

Objectives beschreiben signifikant, konkret, handlungsanweisend und inspirierend was erreicht werden soll. Doerr bezeichnet sie als Impfstoff gegen unscharfes Denken.

Key Results messen und überprüfen wiederum wie die Objectives erreicht werden. Sie sind spezifisch, realistisch und gleichzeitig herausfordernd. Insbesondere sind sie jedoch messbar, haben also einen zu erreichenden Endwert, der an einem Zieltermin verifizierbar ist, etwa in Form von Gewinn, Wachstum, Aktiven Nutzern, Qualität, Sicherheit, Marktanteil oder Kundenbindung. 

Doerr empfiehlt: Key Results in Paaren definieren, um negativen Auswirkungen entgegenzuwirken. Bezieht sich ein Key Result auf eine Erhöhung der Quantität, sollte ein zweites Key Result die Qualität in den Fokus nehmen.

Zudem rät er zu einem Mix aus Output- und Input-bezogener KRs. Zum Beispiel die Durchführung von 10 Tests (Input) bei einer reduzierten Fehlerrate von 5% (Output).

Sobald man alle seine Key Results erfüllt hat, ist das dazugehörige Objective ebenfalls erreicht. Ansonsten war es von Anfang an unpräzise formuliert.

Eine strikte schrittweise Top-Down Kaskadierung von OKR ist langsam, unflexibel und zu eindimensional. Stattdessen sollten die obersten Ziele transparent kommuniziert werden und als Grundlage dienen, auf der die Mitarbeiter Bottom-up ihre Ziele selber definieren.

OKRs sollten so ambitioniert definiert werden, dass schon die Erreichung von 70% eines Key Results ein Erfolg ist. Das Setzen von solchen Stretch Goals soll einen ganz bewusst aus der Komfortzone schubsen. In Studien (Locke/Latham s.u.) hat die Performance von Personen mit den schwierigsten Zielen bis zu 250% höher gelegen, als die von Personen mit den leichtesten Zielen. Während der Umsetzung wird darüber hinaus regelmäßig bewertet, wie sicher die Zielerreichung gerade noch ist und mit der sogenannte Konfidenz festgehalten. Je nach Fortschritt bzw. Erreichungsgrad werden den Key Results dabei Ampelfarben zugeordnet. 

  • 0,7 to 1,0 = grün. (Das Ziel wurde erreicht)
  • 0,4 to 0,6 = gelb. (Fortschritt wurde erzielt, jedoch ungenügend.)
  • 0,0 to 0,3 = rot. (Es wurde kein echter Fortschritt erreicht.)

Hier ein Beispiel:

Key ResultKommentarKonfidenz
500 Produkte verkauft bis Mai470 Produkte verkauft0,9
Steve als CEO eingestelltSteve leider bei der Konkurrenz0,0
5 Tests erstellt3 von 5 fertig0,6

OKRs sind kein Wunschzettel oder eine tägliche Todo-Liste, sondern Ziele, die besondere Aufmerksamkeit bedürfen, weil sich eine starke Hebelwirkung hinter ihnen verbirgt. Die vernünftige Definition von OKRs ist eine Investition, die Zeit und Mühe braucht. Gleichzeitig sollte sie nicht an zu viel Perfektionismus scheitern – sie sind keineswegs in Stein gemeißelt und können angepasst oder verworfen werden. Wenn sie aus aktueller Betrachtung sinnlos geworden sind, folgt die Überlegung zu Lessons Learned und den daraus resultierenden Anpassungen am eigenen Vorgehen.

Eine Organisation benötigt meist ein Jahr oder auch länger, bis sie den Umgang mit OKR beherrscht. Wenn sie etabliert sind, können sie dann aber genutzt werden, um die gesamte Unternehmung schnell um Hindernisse herum und durch schwierige Passagen hindurch zu manövrieren –  wie meistert ihr Unternehmen die Corona-Pandemie?

Im nächsten Beitrag zum Thema organisatorischer Erfolg geht es dann um Nordsterne und ob sie eher als Alternative oder Ergänzung zu OKR, MbO und Co zu sehen sind.

Literatur

Andrew S. Grove 1983: High Output Management*: Vintage
John Doerr 2018: Measure What Matters*: Portfolio Penguin
Edwin Locke/Gary Latham 2017: New Developments in Goal Setting and Task Performance*: Routledge

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Mit Key Results zum Unternehmenserfolg

Effektive Zielsetzung startet mit diszipliniertem Nachdenken an der Spitze, mit Führungskräften, die Zeit und Energie investieren zu entscheiden, was wirklich zählt – John Doerr

Objectives and Key Results, oder kurz OKR, wurden durch die Verwendung bei Google bekannt. Erfunden hat sie jedoch Andrew S. Grove, ein Manager bei Intel.
Nachdem wir im letzten Beitrag einen Blick auf MbOs geworfen haben, hier die Fortsetzung zum Thema organisatorische Ziele.

OKR – Objectives and Key Results

Grove beschreibt in seinem Buch High Output Management (s.u.), wie aus seiner Sicht die richtige Implementierung von MbO (Management by Objectives) aussehen sollte. Der Planungsprozess einer Organisation besteht dabei aus drei Schritten:

  1. Bedarf: Was ist im aktuellen Kontext der Organisation (Markt, Konkurrenz etc.)  nötig?
  2. Status Quo: Wo steht die Organisation mit ihren Produkten und Services im Moment?
  3. Lücke Schließen: Was muss und kann getan werden um die Lücke zwischen Bedarf und Status Quo zu schließen?

Zielorientiertes Management konzentriert sich nach Grove auf Schritt zwei und drei und macht diese konkret. Um erfolgreich zu sein müssen dabei nur zwei Fragen beantwortet werden:

  1. Ziel: Wohin wollen wir? (Objective)
  2. Schlüsselergebnisse: Wie erkennen wir, ob wir dem Ziel näher kommen? (Key Results)

Zum Festlegen der OKR von Mitarbeitern macht die Führungskraft ihre eigenen Objectives transparent. Mitarbeiter und Führungskraft einigen sich dann in freier, offener Diskussion, mit welchen eigenen Objectives der Mitarbeiter diese Ziele unterstützen kann (Delegation Level 4). So entsteht aus den Objectives von Führungskräften und Mitarbeitern eine verschachtelte, voneinander abhängige Hierarchie: Werden die Ziele der Mitarbeiter erfüllt, so werden automatisch die Ziele der Führungskraft erfüllt.

Key Results definiert ein Mitarbeiter hingegen selbst, sobald seine Ziele feststehen. Er überlegt wie er sein Vorwärtskommen messen kann und will und formuliert die Key Results so eindeutig, dass es keine Zweifel gibt, wann sie erfüllt sind. So werden sie zu einem Instrument für den Mitarbeiter, um seine eigene Leistung zu messen. Dazu müssen Key Results so terminiert sein, dass sie zeitnah Feedback geben, ob das eigene Handeln die richtige Wirkung zeigt (z.B. quartalsweise oder gar monatlich, etwa bei einer jährlichen Planung).

key results

Es ist möglich seine Objectives zu verfehlen, obwohl man alle Key Results erfüllt hat. OKR sind kein Vertragswerk auf dessen Erreichen ein Performance-Review des Mitarbeiters passieren sollte, sondern maximal ein Feedback, wie erfolgreich der Mitarbeiter war.

Wenn man Drucker und Grove direkt vergleicht, stimmen ihre Sichtweisen auf Zielorientiertes Management größtenteils überein. Grove bezieht sich ja sogar direkt auf Management by Objectives. Nur beim Festlegen der Messgrößen gibt es Unterschiede. Bei Drucker werden die  Messgrößen tendenziell von Außen geliefert, bei Grove definiert sie jeder Mitarbeiter selbst. Von Grove gibt es allerdings wenig Veröffentlichungen zum Thema, so dass ein großer Interpretationsspielraum seiner Definition von OKR bleibt.

Deswegen kommt im nächsten Beitrag einen Schüler von Grove zu Wort, der OKR bei Google eingeführt hat. John Doerr beschreibt in seinem Buch Measure what Matters (s.u.) sehr ausführlich, wie Unternehmen OKR in der Praxis anwenden sollen.

Zum Weiterlesen einfach hier klicken: OKR in der Praxis

Literatur

Andrew S. Grove 1983: High Output Management*: Vintage

John Doerr 2018: Measure What Matters*: Portfolio Penguin

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Holger Tewis ist Agile Enterprise Coach
www.holgertewis.de

Erfolg in Organisationen durch Zielorientiertes Management

Unsere Fehlschläge sind oft erfolgreicher als unsere Erfolge – Henry Ford.

Wie kann man eine Organisation erfolgreich machen? Durch das Definieren, Kommunizieren, Umsetzen und Messen von Zielen. Genau darum geht es in diesem Beitrag.

Im Vergleich zu persönlichen Zielen liegt die besondere Herausforderung in Organisationen darin, dass es mehrere handelnde Akteure gibt, u.a. sogenannte Manager, die nicht unbedingt alle in die gleiche Richtung wollen. Daher haben sich hier auch andere Methoden für den Umgang mit Zielen entwickelt. Unter Anderem:

  • Zielorientiertes Management: Management by Objectives (MbO)
  • Ziele und Schlüsselergebnisse: Objectives and Key Results (OKR)
  • Nordstern-Konzept: True North

MbO – Management by Objectives

Drei starke Kräfte führen Management ganz natürlich in die Irre:

  1. Die spezialisierte Arbeit der meisten Manager
  2. Die hierarchische Struktur von Management
  3. Die Unterschiede in Vision und Arbeit und der resultierenden Isolation verschiedener Managementebenen

So beschreibt es jedenfalls der bekannte Management-Vordenker Peter Drucker in seinem Buch The Practice of Management (s.u.).

Drucker sagt, dass viele Manager als funktionale Manager starten und sich darauf fokussieren, ihren Bereich zum besten im ganzen Land zu machen. Das führt aber zu lokaler Optimierung, die oft schädlich für die Gesamtorganisation wird, also der globalen Optimierung im Wege steht.

ziele

Solche Manager messen ihre Performance nicht daran, wieviel sie zum Erfolg des Unternehmens beitragen, sondern an der Kunstfertigkeit und Professionalität der Ausführung ihrer Arbeit. Über die Zeit zerfallen Unternehmen dadurch in eine lose Ansammlung funktionaler Königreiche, die nur noch in Sorge um ihren Fachbereich leben. Eifersüchtig bewachen sie ihre Geheimnisse und ihr Augenmerk liegt mehr auf der eigenen Machtausdehnung als auf dem Ausbau des Gesamt-Geschäfts.

Die hierarchische Struktur birgt die Gefahr, dass beiläufige Kommentare und Angewohnheiten von Managern auf die Goldwaage gelegt werden. Um dies zu vermeiden, muss der Fokus darauf ausgerichtet werden was der Job verlangt, anstatt alleinig darauf, was der Chef verlangt.

Lokale Optimierung kann auch durch isolierte Managementebenen entstehen: Jede Ebene versucht in der Regel innerhalb ihrer vorgegebenen Rahmenbedingungen von Budget und Kompetenzen zu agieren. Kommunikation, ob eine ebenenübergreifende Lösung für die Organisation günstiger wäre, findet selten statt. Drucker illustriert dies anhand eines Bahnunternehmens, in dem hohe Kosten für den Aufbruch von Toilettentüren entstanden, weil die Nutzer den Schlüssel nicht zurück brachten. Auf oberer Ebene war beschlossen worden, dass ein Schlüssel pro Toilette reiche. Auf unterer Ebene gab es die Befugnis im Notfall Maßnahmen zu ergreifen, worunter der Aufbruch einer Toilette fiel, nicht aber die Beschaffung eines neuen Schlüssels.

Management by Objectives (MbO) soll diesen drei Kräften entgegenwirken, ohne dass eine Lücke, Reibung oder doppelte Arbeit entsteht. Erst wenn alle Mitarbeiter zum gemeinsamen Ziel der Organisation beitragen und jeder Manager auf den Erfolg des Ganzen Unternehmens ausgerichtet ist, wird die Organisation wirklich performant.

Die Objectives werden vom Ziel der Organisation abgeleitet, über die ganze Hierarchie klar formuliert und betonen von Anfang an Teamarbeit und gemeinsame Ergebnisse:

  • Welche Performance wird von der Abteilung eines Managers erwartet?
  • Mit welchen Beiträgen unterstützen er und seine Abteilung die Ziele anderer Abteilungen?
  • Welche Beiträge liefern andere Bereiche zur Abteilung des Managers?

Jeder Manager sollte die Objectives seiner Abteilung zusammen mit seinen Führungskräften entwickeln und  die Ausarbeitung der Ziele auf der höheren Organisationseinheit aktiv mitgestalten. Es reicht  nicht aus, unteren Managern nur das Gefühl zu vermitteln, eingebunden zu sein. Sie müssen die höheren Ziele mitgestalten und mittragen (meeting of minds).

MbO ermöglicht es Managern, ihre eigene Performance zu bewerten. Dadurch werden sie in die Lage versetzt, sich selbst-kontrolliert zu steuern, anstatt von höherer Stelle ständig kontrolliert und dominiert zu werden.

Nach Peter Drucker sollten Manager zu ihren Zielen mit klaren Messgrößen (Measurements) versorgt werden, anhand derer sie ihre Aufmerksamkeit und Anstrengung lenken können. Diese müssten nicht strikt quantitativ oder exakt, aber unmissverständlich klar sein und keine komplizierte Interpretation verlangen.

Im nächsten Teil schauen wir uns das Thema Objective and Key Results oder kurz OKR an.

Literatur:

Peter Drucker 2010: The Practice of Management*: Harper Business

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Holger Tewis ist Agile Enterprise Coach
www.holgertewis.de

Wer Erfolg will braucht Ziele!

Holzhacken ist deshalb so beliebt, weil man bei dieser Tätigkeit den Erfolg sofort sieht – Albert Einstein

Ist mein Haus, mein Auto, mein Boot größer als das meines Nachbarn? Habe ich Personalverantwortung? Bin ich glücklich? Woran erkenne ich, ob ich erfolgreich bin?

Nach der Definition des Duden ist Erfolg kein Zufall:

Erfolg ist das Eintreten einer beabsichtigten, erstrebten Wirkung – Duden

Das gesteckte Ziel muss gewollt sein. Und sein Eintreten muss eine Wirkung haben, sprich messbar sein, was oft gar nicht so einfach ist: Ist die Zusammenarbeit wirklich besser geworden? Die Motivation höher? Legt man keine genauen Kriterien für die Messung an, lügt man sich schnell in die Tasche, ob des tatsächlichen Erfolgs.

Zudem ist es kein Erfolg, wenn die beabsichtigte Wirkung automatisch eintritt. Man muss etwas aktiv beitragen. Man kann es nicht für sich als Erfolg verbuchen, wenn man sich als Ziel setzt, dass morgen früh die Sonne aufgeht.

Es gibt verschiedene Aspekte von Erfolg, die sich in zwei Kategorien einteilen lassen:

  • Persönliche Ziele definieren, umsetzen und messen: Was will ich wirklich erreichen? Was kann ich tun, um meinen Zielen näher zu kommen?
  • Organisatorischen Ziele definieren, kommunizieren, umsetzen und messen: Was wollen wir gemeinsam erreichen? Wie organisieren wir uns dafür?

Vom Status Quo zur Zieldefinition

Viele Menschen sind sich unsicher, welche Ziele sie überhaupt verfolgen sollen. In meinem Blog-Beiträgen zum Thema Selbsterkenntnis habe ich empfohlen, sich Gedanken zu grundsätzlichen Fragen zu machen: Welche Werte, Leidenschaften, Sehnsüchte, Denk- und Reaktionsmuster stecken in mir? Was ist die ideale Umgebung für mich, in der ich erfolgreich sein kann?

Um bei der Definition der eigenen Ziele voran zu kommen, bieten viele Erfolgsjournals konkrete Kategorien an, deren Status Quo man mit einer Skala bewerten oder durch Bilder visualisieren soll:

  1. Beruf/Ausbildung/Weiterbildung
  2. Fitness/Körper/Sport/Bewegung
  3. Gesundheit/Ernährung
  4. Familie/Beziehung
  5. Freunde/Soziales Leben
  6. Geld/Finanzen/Materielles
  7. Kreativität/Inspiration
  8. Gedanken/Emotionen
  9. Spaß/Lebensfreude
  10. Sicherheit
  11. Freizeit/Entspannung/Zeit für dich
  12. Sinn/Erfüllung

Bei der Suche nach den richtigen Zielen muss man sich dann nach der Bewertung der Kategorien folgende Fragen stellen:

  • Mit welchen Bereichen meines Lebens bin ich zufrieden?
  • Wo wünsche ich mir Veränderung?

Über die eine oder andere Methode hat man schließlich Bereiche gefunden, in denen man sich Veränderung wünscht. Das kann zum Beispiel so aussehen:

table1

Um die Veränderung herbeizuführen, sollte man nun im nächsten Schritt Ziele definieren und festlegen welchen Zeitraum man betrachtet:

table2

Die Zielformulierungen hier sind noch etwas unscharf. Um sie messbar zu machen, sollten sie so formuliert sein, dass man sie bei Eintreten abhaken kann. Zudem sollte festgelegt werden,  was der nächste konkret umsetzbare Schritt ist um dem Ziel näher zu kommen.

table3

Zum Tracking der Ziele und dem Voranschreiten bieten die oben erwähnten Erfolgsjournals Kalender mit wöchentlichen oder monatlichen Reflexionen an. Zudem haben wir in einem früheren Beitrag zum Thema Selbstorganisation weitere Tools und Tipps zusammengetragen, wie ihr eure Ziele effektiv erreichen könnt.

Im nächsten Beiträgen geht es darum, wie man Organisationen erfolgreich machen kann. Wir starten mit MbO und OKR.

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Holger Tewis ist Agile Enterprise Coach
www.holgertewis.de